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Die heutige Metaphysik
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Die heutige Metaphysik.

Wir knüpfen diese Betrachtungen, die eigentlich imsrer Aufgabe fern zu liegen scheinen, und die wir auch nur so weit verfolgen, als sie auf die äußerliche Er­scheinung der Wissenschaft Bezug haben, an das so eben erschienene Werk eines jnngen Gelehrten: System der metaphysischen Grundbegriffe, von Gustav Engel. (Berlin, Wilhelm Hertz.) -- Sowol durch den Titel, als nament­lich durch die Vorrede wird sich der Verfasser, der in der letztern versichert, seine Ansichten seien unwiderleglich und die 'wahre Grundlage aller echten Wissenschaft, sehr schaden, denn man wird für Anmaßung nehmen, was doch nur Naivetät ist, und was sich eigentlich bei jedem erustern wissenschaftlichen Werk von selbst'ver­steht: denn man wird nicht etwas schreiben, von desseu Neuheit und Wahrheit man nicht überzeugt ist. Was den Inhalt betrifft, so entspricht derselbe dem Titel nicht ganz, denn der Versasser giebt eigentlich kein System, sondern theils eine Polemik gegen die metaphysischen Grundbegriffe Hegels, theils Andeutungen, wo man die wahren Grundbegriffe zu suchen habe. Die Polemik ist znm Theil schars­sinnig und treffend, und man wird dem Versasser wol darin beistimmen, wenn er Hegel's Auffassung von dem Begriff eines Anfangs der Wissenschaft, der gar nicht vermittelt sein soll, so wie die Herleitung sämmtlicher Begriffe bei diesem Phi­losophen ans einem Begriff, der mit dem Nichtbegriff identificirt wird, als un­richtig verwirst. An Stelle des reinen Seins setzt Herr Engel das Eins als absoluten Grundbegriff, uud sucht aus demselben die übrigen Begriffe herzuleiten. Auf die Richtigkeit oder Unrichtigkeit dieser Ansicht im Ton der Schrift einzugehen, würde hier nicht angebracht sein, da die Mehrzahl unsrer Leser kein Wort davon verstehen, oder, wenn auch wirklich ein grammatisches Verständniß einträte, we­nigstens sich vergebens die Frage vorlegen würden, was für einen Zweck alle diese Deductionen haben. Und weil das eine schwache Seite der ganzen neuern Me­taphysik ist, die als solche dem gesunden Menschenverstand vollständig klar gemacht werden kann, so gehen wir hier flüchtig auf das Thema ein, indem wir es all­gemeiner fassen, als es der Versasser gethan.

Bei jeder andern Wissenschaft kann sich auch der Laie darüber orientiren, womit sie sich eigentlich beschäftigt; bei der Philosophie ist es aber unmöglich. Herr Engel wirft Hegel mit Recht vor, daß der Mangel einer Definition der Wissenschaft ein Fehler sei, aber er verfällt in den nämlichen Fehler. Er definirt Philosophie als das absolute Wissen, setzt aber sogleich hinzu, was diese Definition eigentlich bedeute, könne man zu Anfang noch nicht wissen; es werde sich das im spätern Verlaus ergeben. Da sind wir freilich ans dem Regen in die Traufe gekommen. Wir wollen indeß die Definition festhalten und nach unsrem gewöhnlichen Sprachgebrauch uns fragen, was man eigentlich darunter verstehen soll.

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