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Pariser Briefschaften. 1.
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an die Pfarrer und Kapellane, so wie an die Gemeinderäthe aller in den durch die Gegenwart des Prinzpräsidenten zu beglückenden Ortschaften den Befehl, dem Oberhaupte des Staates und respective.dem Retter der Gesellschaft entgegen­zukommen. Sie erhielten zugleich den Auftrag, ihren amtlichen wie gesellschaft­lichen Einfluß aufzubieten, um möglichst viele Mitglieder ihrer Gemeinden zum Erscheinen auf deu Berührungspunkten der prinzpräsidentlichen Reise zu bewegen, was denn auch wirklich geschah. Das gauze ofstcielle und halbofficiclle Heer mit ihrem verwandten Nachtrabe finden sich ans den Orten der Bestellung pünktlichst ein und macheu pflichtschuldigst deu an den Mouitenr telegraphirten Spectakel. Die frommen Pfarrer erscheinen am Arme ihrer trenen Mägde und Hans­hälterinnen, um ihr andächtiges Gebet Salvum kao Hapoleonetv, in's Weltliche übersetzt Vive l'^mpereur zum Himmel zu schicken. Den Bauern wird versichert, daß die Commnnalwege, die nöthigen Bauten im Interesse ihrer Gemeinden alle sofort beginnen würden, als der Priuzpräfideut von ihrem Eifer für seiue Persou überzeugt ist. Anderen, die einen Sohn, einen Bruder, einen Verwandten oder Freund im Gefängnisse oder im Exile haben, wird in's Ohr geflüstert, daß sie nur Viv<z 1'empöreur zn schreien brauchten, um ihre Angehörigen der Freiheit wiedergegeben zu sehen. Die bei der Polizei schlecht Angemerkten werden er­mahnt und zu lebhaften Loyalitätsbeweisen angespornt, weil man sonst für Nichts stehe u. s. w. So findet sich denn eine anständige Anzahl von gezwungenen Bewunderern zusammen, nud das Gauze bietet einen artigen Anblick, mit dem sich selbst die kaiserlichen Ansprüche Louis Napoleou's zufrieden geben können. Anfänglich scheinen die gouvernementalen Forderungen bescheidenerer Natur ge­wesen zu sein, denn die meisten Gemeinden trugen auf ihren Festbannern blos die Inschriften: Vive 1s xrvsiäsMl Vivs I^0ui,8 Mpolvoir l Später steigerten sich die Ansprüche uud man schrieb neben den Goldletteru eiu mit Kohle und Wasser imprvvisirtes Vivs I'smperLue. So wünschen es die telegraphischen Bedürfnisse des Monitenrs. Daheim wird mittlerweile anch nicht gefeiert, und der Börsen­minister Fonld ließ seine College» von ehemals zu sich kommen und erklärte ihnen, daß die 3°/g vor der Rückkunft des Präsideuten den Cours von 8 "/erreicht haben müssen. Nun sollten Sie das lustige Hinauftreiben der armen Actien sehen. Das ist ein wahrer Hexensabbat, dieses Schauspiel au der Börse. Was wird aber dem Kaiserthnme zu thun übrig bleiben, wenn schon die Agonie der Republik uusre Capitalien verdoppelt? Das weiß Louis Napoleon allein. Die Presse steht dem Treiben mit geknebeltem Munde zu, und selbst die gouvernemen­talen Journale finden sich ans die unbegrenzte und unbestimmte Lobhudelei an- gewieseu. Sie hat eben so wenig Wnrzel im Boden der Regierung, wie die Oppositionsorgane. Will man ja in Zukunft dieses nothwendige Uebel der mo­dernen Staatskunst ganz entbehren können, und nur der Mouiteur verdient einige Aufmerksamkeit. Die Journalisten, von denen bekannt ist, daß sie für auswärtige