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W o ch e n b e r i ch t.
Aus England. — Das Ministerium weiß selbst von dem Todesfall des Herzogs von Wellington Nutzen zu ziehen. ° Es hat dadurch nicht blos Gelegenheit erhalten, die wichtige Stelle des Oberbefehlshabers der gesammten Landmacht aus eine Allen Genüge leistende Weise zu besetzen, sondern scheint den Tod des eisernen Herzogs auch noch dazu benutzen zu wollen, die unvermeidliche Abrechnung mit dem Lande so lange als möglich hinauszuschieben und sich noch eine Galgenfrist zu verschaffen.. So deutet wenigstens ein Theil der Messe Lord Derby's Beschluß, über das Leichenbegängniß des Herzogs erst mit dem Parlamente berathen zu wollen. Da dieses erst den 11. November zusammentritt, und sich keiner der, angeseheneren Redner des Hauses wird enthalten wollen, dem als Nationalhelden betrachteten Todten einen Nachrus zu weihen, so kann vor Beendigung der Debatte über diesen Gegenstand leicht das Ende des Monats nahe heranrücken. Dann verbietet die Decenz, unmittelbar nach der Bestattung den Parteikamps in seiner ganzen Heftigkeit entbrennen zu lassen, und vielleicht meint auch Lord Derby, das Parlament werde sich begnügen, den größten Feldherrn Englands begraben zu haben, und nicht daran denken, dem Ministerium dasselbe Schicksal, wenn auch nur figürlich, zu bereiten. Dann kommt die erste Hälfte des Decembers, wo man wegen der Nähe der Weihnachtsfericn nicht gern eine wichtige Debatte, die von einiger Länge zu werden verspricht, anfängt, dann die Ferien selbst und endlich das neue Jahr, wo der glückliche Stern des Hauses Stanley und das erfinderische Genie des kaukasischen Schatzkanzlcrs schon neue Mittel, die gefürchtete Krisis hinauszuschieben, finden werden.
Lord Hardinge's Ernennung zum Oberbefehlshaber der Landmacht hat allgemeine Billigung gefunden. Der Nachfolger Wellington's ist jetzt 66 Jahr alt, hat sich schon während des Halbinselkriegs als guter Officicr bewährt, und verlor bei Ligny an Blücher's Seite — in dessen Hauptquartier er als englischer Kommissar anwesend war, — die linke Hand. Der verstorbene Herzog schenkte ihm von jeher großes Vertrauen, und ernannte ihn 18Z8 zum Kriegssecretair im Unterhause. Später wurde Hardingc irischer Secretair, welches Amt er auch 1834 und 1841 wieder bekleidete. 1844 wurde er Generalgouverncur von Ostindien, und trug durch seine Thätigkeit und Energie viel zu den Siegen Lord Gough's in Pendschab bei. Seit seiner Anwesenheit im Blücher'schen Hauptquartier hat er immer große Achtung vor dem preußischen Heer-' wesen behalten, das er gründlich kennt, und man hofft daher, daß er gründlich die Hand an's Werk legen wird, um das so sehr der Reform bedürftige englische Heerwesen umzugestalten. AlS Politiker hält sich Lord Hardingc zu den Peclitcn.
Der aus Hydcpark verschwundene Krystallpalast wird nun bald seine Auferstehung feiern, und zwar in Sydcnham, einer Station der Brightoner Eisenbahn, acht englische Meilen von London. Die Dircction der London- Brightoner Bahn steht an der Spitze des Unternehmens; das dazu erforderliche Capital von 3^2 Mill. Thalern wurde in weniger als vierzehn Tagen gezeichnet. Am 3. August dieses Jahres richtete man die erste Säule aus, und im Mai 1853 soll das Gebäude dem Publicum eröffnet werden.
Der neue Krystallpalast steht auf einem Hügel von mäßiger Höhe in einer angenehmen, waldumgcbencn Gegend. Er wird nicht ganz so lang wie sein Vorgänger, nämlich 240 Fuß kürzer, wird aber an beiden Enden mit eben solchen Querschiffen oder