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Londoner Straßenindustrie. 1.
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kommt ein Mann herbeigeeilt, eine Kanne mit heißem Kaffee in jeder Hand, und auf dem Kopfe ein Tischchen, »nd wenn er dies aufgestellt und die Tassen auf dem steinernem Unterbau des Gitters placirt hat, bläst er in sein Kohlenfeuer, daß die hellen Funken herumfliegen. Die Käufer finden sich jetzt ein in jedem Stadium der Zerlnmptheit. Sie laufen vor dem Thore hin und her, um sich zu wärmen, stampfen mit den nackten Füßen, und reiben sich die Hände. Manche Knaben haben große Handkörbe wie Schaubhüte über dcu Kopf gestülpt; andere trügen sie aus dem Rücken; ein kleines Mädchen mit durchlöchertem, dünnem Kleid­chen hat in den frostblauen Händeu ein zerbogenes uud verrostetes Theebret. Einige von den armen Tenfeln haben sich den Kaffeeschenken zum Freuude ge­macht, und dürfen sich die Hände an seinem Feuer wärmen, wo sie von der un­gewohnten Hitze schläfrig werden uud gähnen. Schlag fünf Uhr fängt der Markt ^n. Die Verkäuferinnen, denn der Kressenhandel wird sast ausschließlich durch Frauen betrieben, haben sich allmählich eingefunden. In Mäntel über den dicken Shawls eingehüllt, und die Hände unter den Schürzen wärmend, sitzen sie hinter ihren großen Körben mit dunkelgrüner Kresse gefüllt, in deren Mitte ein Licht brennt. Um jeden Korb drängt sich alsbald eine schwarze Schaar, begierig die Köpfe zusammensteckend, um die Waare zu besehe» und zu feilschen. Es han­delt sich stets nur um einen Kauf von wenigen Penccn, aber die Krcsscnwciber scheinen sehr gutmüthiger Natur zu sein, denn nicht selten schenken sie einem armen Kunden eiu Paar Bündel Kresse zum Verkauf. Allmählich wird es hell, die Tauben zeigeu sich auf deu Straße», und der Laternenmann kommt, um das Gas abzudrehen. Jetzt wird Alles rühriger. Die Kinder schreien, wenn man sie auf die nackten Füße tritt, uud die Fraueu eileu fort, in der Schurze oder im Rocke ihre Kresse, und ein Büschel Binsen in der Hand, um Sträuße zu binde». I» einer Ecke des Markts hocke» wohl ei» Dutzeud kleiner Mädchen auf deu Steine», sortiren ihre Kresse, werfen das Untaugliche weg, daß der Bodeu ringsum mit grünen Blättern bedeckt ist, und binden das Gute zu kleineren Bündeln. Andere waschen ihre Waare an der Pnmpe, und ordnen sie in die Körbe, die fast so zer­rissen sind wie ihre Kleider. Sie rufen sie schon dnrch alle Straßen ans, wenn die Hausmädchen noch die Fnßmatten vor der Thür ausklopfe», uud die Handwerker mit ihre» Werkzeugkasten auf die Arbeit eilen. Um zehn Uhr Vormittags hört der Absatz auf. Von: Farringdonmarkt allein werden 6^/2 Million Bnnd jährlich auf den Straßen verkauft, und es beschäftigen sich mindestens 700 Personen damit; der wöchentliche Verdienst beträgt aber kaum 3 sk.

Aber nicht blos die Beikost zum Frühstück, sondern Frühstück, Mittagsbrod und Abendmahlzeit kann man in London ans den Straßen kaufen. Znm Früh­stück ist Kaffee, Thee oder Kakao zu haben, zum Mittagsmahl gesottener Aal oder Erbsensuppe, ein Lieblingsgericht der Engländer, uud gebrateue oder viel­mehr gebackene Kartoffeln, zum Abeudbrod Flcischpasteteu aller Art, oder die