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Naturell umzuschaffen und wilde, rachedurstige Böscmichte in humane Menschen zu metamorphosireu. Beim Abgänge Omer-Pascha's ans Bosnien blieb der Naja nichts übrig, als aus dem Lande zn fliehen, und, da sie Serbien, wegen seiner eigenthümlichen Stellnng znr Psvrte, nicht anfnchmen kann, in Oestreich Schutz zu suchen.
Indem Oestreich einer Seits der emigrirtcn Naja Ausnahme gewährte, suchte es anderer Seits einer weitern Uebcrflnthnng seines Gebietes dadurch vorzubeugen, daß es die Pforte in ihrem eigenen Interesse zur Milde gegen die Naja crmahnte. Dies wird freilich keine Wunder bewirken, so wie es, nach meiner ganz richtigen Vorher- sagung, eine durch Besetzung der Grenzen türkischer SeitS herbeigeführte Erschwerung der Auswanderung znr nächsten Folge hatte; aber anch eine etwaige bewaffnete Intervention Oestreichs in Bosnien, der fromme Wunsch einer gewissen Partei, wäre, abgesehen davon, daß hierzu jeder positive Nechlstitel fehlt, ebeu so vergeblich, da man doch nicht den Willen hat, die Türkenherrschaft zu zerstören. An dieser liegt all das Uebel allein, und nur mit ihrem Ende kann ein besserer Znstand herbeigeführt werden. Was nützt es anch, daß die Pforte einen Cvm- missair nach Bosnien abschickt, nm die von Oestreich vorgebrachten Beschuldigungen zu untersuchen; was nützt es ferner, daß Velieddin-Pascha ein humaner Mann ist, der Jedem gern sein Recht widerfahren läßt? Er kann die barbarischen Gewaltthaten der einzelnen Machthaber gegen die Naja nicht ungeschehen machen, und wenn er den Schuldigen will bestrafen lassen, kann er gewiß sein, daß sein Befehl nicht ausgeführt wird. Es ist bisher das Loos jedes Wezirs geweseu, au allen Beamten des Landes offene Widersacher zu finden; diesem Loose konnte auch Velieddin-Pascha uicht entgehen —- Alles arbeitet ihm entgegen und keiner seiner Befehle wird ausgeführt. So wie dem Wezir ergeht es auch dem Sultau — mag er Mahmud oder Abdnl-Medschid heißen, gleichviel ob Neschid-Pascha oder Ali-Pascha das Rnder der Pforte führt. Das Uebel liegt im Staats- und Ne-- ligionswesen des Türkeuthums. Wenn also auch die Türken, etwa eingeschüchtert durch eine imposante Machtentwickelnng Oestreichs, der Naja hcnte einen Rast- und Ruhetag lassen; so fängt das Uebel morgen neuerdings an. Wenn man wirklich helfen will, muß man das Uebel an seiner Wnrzel fassen: aber welcher Regierung in Europa wird man wol solchen Radiealismns zumuthcu dürfen?
Die bosnische Emigration hat sich in letzter Zeit meist nach Syrmien, der Batschka und dem Banate gewendet, da sie in Kroatien weder Theilnahme, noch Förderung gefnnden hat. Serbische Blätter machen die bittere, aber wahre Bemerkung, daß ja die bosnischen Serben und die Kroaten nicht Ein Volk seien, und jene mögen bei ihren Brüderü, den östreichischen Serben, Hilse suchen. In der That haben selbst die maßlos armen serbischen Grenzer der sogenannten kroatischen Militairgrenze ihre letzte Habe mit den Emigranten getheilt; während in dem verhältnißmäßig, doch wohlhabender« Kroatien, wo über ein Drittheil des