Beitrag 
Ein Blick auf südslawische Zustände.
Seite
451
Einzelbild herunterladen
 

431

gewonnen habe, wird Jedem einlenchten, der die Karte der Ostküste des adriati- schen Meeres studirt; wie es aber diese Position ohne alle diplomatischen Ränke und Unterhandlungen gewonnen habe, ist ein providentieller Fingerzeig für alle, welche die natürlichen Factoren der griechisch-slawischen Geschichte mißkennend auf den Trümmern des sinkenden Türkenreiches ideologische Kartenhäuser zu bauen wünschen. Es genügt die Bemerkung, daß sich Rußland in dem neuen Fürstcn- thume Zruagora aus einem stammverwandten Schützlinge einen stets sichern und kaum besiegbaren Bundesgenossen geschaffen habe, der von der Natur seines Landes und Volkes in der Geschichte der Südslawen eine höchst bedeutende Rolle zu spielen berufen ist.

Nächstdem sind die Verhältnisse der (serbischen) Raja Bosniens ein Gegenstand von großem diplomatischem Interesse geworden, seit Oestreich sich derselben an­genommen und auf diplomatischem Wege gegen die maßlose Tyrannei der türkischen Machthaber gegenüber der Raja Verwahrung eingelegt hat. Soviel mußte Oestreich in seinem eigenen Interesse thun, da es, von der Auswanderung über­schwemmt, über Nacht gegen 6009 Proletarierfamilien einziehen lassen mußte, weil es ein Gebot der Menschlichkeit war, dieselben nicht zurückzuweisen; womit das zweite zusammenfällt, dieselben aus Staatsmitteln zu erhalten, da sie sämmtlich ohne jegliche Subsistenzmittes fortziehen mußten, glücklich noch, wenn sie den Kopf aus der Schlinge ziehen konnten.

Die östreichische Journalistik begnügt sich, ohne Parteiunterschied, die Schuld an den Gräueln gegen die Raja Omer-Pascha zuzuschreiben. Diese Ansicht ist so extravagant, daß es kaum der Mühe werth ist, ihrer zu erwähnen; da sie aber allgemein verbreitet ist, so möge hier bemerkt werden, wie sie entstände». Omer-Pascha war seiner Zeit der Liebling der konservativen Journalistik Oestreichs; als aber zwischen ihm und dem östreichischen General-Cvnsulate plötzlich Diffe­renzen entstanden waren, die im Grunde so geringfügig waren, daß sie in höheren Sphären gar nicht beachtet wurden, machte sich persönlicher Groll in gewissen Korrespondenzen Lnft, und Omer-Pascha wurde flugs zum Tyrannen gestempelt. Bald darauf geschah es, daß Omer-Pascha wegen der diplomatischen Wirren in Constantinopel sich genöthigt sah, die Zügel gegen die alttürkische Partei in Bosnien schießen zu lassen, und daß die vielbesprochene Verschwörung der Raja entdeckt oder, besser gesagt, erfunden wurde. Unter solchen Umständen war Omer-Pascha nicht mehr in der Lage, mit seinem Ansehen die Raja zu schützen er mußte sie aufgeben, nnd die Alttürken, welche der Raja außer allem Andern auch noch wegen ihrer Nichtbetheiligung an dem Aufstaude grollten, ergriffen mit Hast die Gelegenheit, an derselben Rache zu nehmen und thun dies in einer Weise, welche kanm geglaubt werden könnte, wenn sie nicht leider nnr zu sicher verbürgt wäre. Für alles das aber macht die östreichische Journalistik Omer- Pascha verantwortlich, als ob es in seiner Macht gelegen wäre, das türkische

37 *