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Blick auf Spaniens letzte Vergangenheit und seine gegenwärtige Lage. 4.
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die allergrößtsten Dienste geleistet hatte, erregte als die unerklärliche Ausgeburt einer absolutistischen Laune, als die völlige Verhöhnung der Verfassung uud der Interessen des Landes sofort den unzweideutigsten Unwillen in den gebildeten Kreisen der Bevölkerung. Nach weuigeu Stunden schon erhielten die Minister von allen Seiten Entlassuugsgesnche. Die Beamten in den Ministerien, mehrere der ersten Ofstciere der Besatzung gingen damit voran. Der höchste Gerichtshof trat zusammen, um über seine Collectiv-Demission zu berathen. Die Gesinnung des Pnblicnms docunicntirte sich in ahnlicher Weise. Narvaez und sogar Sar- torins wurden, als sie Mittags durch die Alcalastraße nach dem Prado fuhren, von einer zahlreichen Menge mit Hochachtung und Beifall begrüßt. Es erschien unanSbleiblich,. daß, wenn die Königin das abenteuerliche Cabinct, daS sie ge­schaffen, aufrecht erhalten wollte, die Nation den ernstesten Eventualitäten ent­gegen ginge. Selbst Marie Christine trat offen auf die Seite des Herzogs von Valencia, dem sie trotz der politischen Beweggründe, die sie in ncnerer Zeit zu Bnndesgenvssen gemacht hatten, eben keine persönliche Freundschaft widmete. Als ihre königliche Tochter, erschreckt über die unmittelbare» Folgen ihres Staatsstreichs, zu ihr schickte, nm sie um ihren Besuch zu bitten, erfolgte die Antwort, so lange das Ministerium Cleouard-Balboa regiere, werde die Königin Mutter den Palast nicht betreten. Jsabella begab sich hierauf selber zu ihrer Mutter und nach einer länger» Unterredung übernahm diese den Auftrag, Narvaez wieder die Ueber­nahme der Gewalt anzutragen. Nach einer kurzen, nicht ernstlich gemeinten Weige­rung verstand sich der General auch dazn, unter der Bedingung, daß diejenigen, welche jene Intrigue gegen ihn in's Werk gesetzt hätten, zur Verantwortung ge. zogen würden. Diese Bedingung, welche das königliche Ansehn gravirte, ward zugestanden. Noch an demselben Abend wurden die Machthaber eines Tages ihrer ephemeren Würde entkleidet, Narvaez nnd seine Cvllegen wieder eingesetzt, Balbva nach Ceuta, und Fnlgenciv, der Beichtvater des Königs, den man für den Hauptanstifter des verwegeueu Streiches hielt, «ach Sevilla verwiesen.

Diese so kläglich gescheiterte Intrigue unterliegt den verschiedenste« Ausle­gungen. Man war eine Zeit lang geneigt, sie nur sür das Werk einiger fanati­scher Pfaffen zn halten, die sich des schwachen Don Francisco gänzlich bemächtigt hatten und durch ihn > und seinen Einfluß , ans die Kvuigiu das coustitulionelle Sy­stem zu stürzen, uud die Zügel deS Staates iu die Hände einer geistlichen Camarilla zu legen hofften. Die Abentenerlichlcit des Unternehmens > erschien noch größer durch die Theilnahme einer Nonne, der Schwester Patrocinia, die in gewissen Kreisen den Ruf der Heiligkeit um sich verbreitet hatte und mit dem Beichtvater des .Königs in genauem Vernehmen stand. Narvaez ließ sie ohne Sehen vor ihrem heiligen Charakter nach Badajoz transpvrtiren, wo sie eine Zeit lang unter polizeilicher Aufsicht gehalten wnrde. Trvtz dieser vvrwiegend romanhaften Seite des Complotes bewies die Folge, daß die Fäden desselben weit über die nächsten

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