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Blick auf Spaniens letzte Vergangenheit und seine gegenwärtige Lage.
t.
Bald nach Vertagung der Cortes, welche Mitte des Juli erfolgte, schied Mon aus Gründen, welche nicht hinlänglich aufgeklärt sind, aus dem Ministerinm. Von Einigen ward die Zollreform, von Anderen seine Unzufriedenheit mit der Amnestie als der Anlaß dazu bezeichnet. Mag besonders Letzteres ihn mit dazu bestimmt haben, so scheint es doch, daß vor Allem die Unverträglichkeit seiner schroffen und ehrgeizigen Natur mit dem gebieterischen Wesen des Ministerpräsidenten seineu Rücktritt verursachte. Derselbe war in doppelter Hinsicht ein Verlust für das Cabinct, sowol was dessen parlamentarische Stellung, als was die Verwaltung der Finanzen betras, in der Mon ungleich größere Fähigkeit während seiner drei letzten Amtsführungen gezeigt hatte, als irgend einer der anderen spa- nischcn Finanzminister. Nachdem man vergebens dem Herzog von Sotomayor das erledigte Portefeuille angeboten hatte, wnrde es Bravo Murillo übergeben, an dessen Stelle Seijas Lozano, ehemaliger Puritano und Mitglied jenes Eabinets, das vor dem Einflüsse Serrano's zurücktrat, zum Minister des Handels und Unterrichts ernannt wurde. (Anfang September.)
Diese Krisis, deren Folgen sich erst später offenbaren sollten, ward somit leicht durch die Ergänzung des Ministeriums beigelegt. Bald jedoch zeigte es sich, daß dessen Bestand vou anderer Seite her ernstlich bedroht war. Zur Beurtheilung des seltsamen Ereignisses, vor dem wir jetzt stehen, ist es nothwendig, auf die Zustände des Hofes einzugehen. Narvaez hatte bekanntlich'durch seine Gelangung zur Gewalt die Herrschaft des Güustlings gestürzt, und nach Serrano's Entfernung die Wiedervereinigung der Königin mit ihrem Gemahl bewirkt. Trotz dieser, äußerlichen Versöhnung schien das Verhältniß der beiden königlichen Ehegatten kein besonders inniges zu sein. Jsabella hnldigte nach wie vor, in hohem Grade der Leidenschaft für Musik, Tanz, Theater, Vergnügungen, denen der wenig lebhafte Francisco de Assis nicht geneigt war. Die cdrolnyuö soimä-i- 1eu8d des Hofes tischte außerdem vou Zeit zu Zeit Auekdvteu auf, die nicht gerade dafür sprachen, daß eheliches Glück im Palast zu Madrid seinen Wohnsitz aufgeschlagen habe. Schon- im Herbst des Jahres -1847 wnrde ein italienischer Tenorist, Mirall, dessen Gesangsunterricht uud Vorträge ausuehmcndeu Beifall bei Ihrer Majestät fanden, auf Narvaez Befehl brüsquer Weise aus der Hauptstadt und dem Lande entfernt. Fast ein Jahr später erregte die Gunst, in welcher der junge Marquis v. Bedmar bei der Königin stand, die Besorgniß des Ministers in noch höherem Grade. Er wies ihn gleichfalls aus Madrid fort;