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sondern sie machen sich zum Herrn über ihn. So sehen wir hier schon gleich zu Anfang die Heldin des Romans auf eine Weise handeln, die wir nicht -verstehen, und die der Dichter sich ohne Zweifel selbst nicht klar gemacht hat, und aus dieser Ungenauigkeit erklärt sich dann, daß sie zuletzt hochromantisch, d. h. vollkommen sinnlos handelt. Der junge talentvolle Dichter möge bei seinen späteren Versuchen aus diesen Punkt seine besondere Aufmerksamkeit richten. — Christkind-Agnes, eine Stadtgeschichte von Max Ring (Berlin, Simion), ist bestimmt, eine Reihe von ähnlichen Stadtgeschichten zu eröffnen. In gewisser Beziehung halten wir es für ciucn Fortschritt, wenn man einmal das Stillleben in den Städten an Stelle des schon etwas zu sehr ausgebeuteten Dorflebens seHt. Einen ähnlichen Versuch von Hackländcr haben wir seiner Zeit beifällig besprochen. Das gegenwärtige Buch ist eine anmuthige Idylle, zwar uicht bedeutend, aber gemüthlich. Der Verfasser erzählt gut, und seine Schilderungen tragen das Gepräge wirklicher Beobachtung. — Moritz, Novelle aus der Gegenwart, von Leo Assil (Berlin, Simion), ist eine wohlgemeinte, aber nicht besonders gelungene Variation auf das Thema der Judenemancipation. — Berlin und Potsdam, eine brandenburgische Seenovelle von Heinrich Smidt (Magdeburg, Dclbrück), macht das erste Bändchen einer Sammlung aus, die den Titel: „Deutsches Volksbuch" führt. Der Verfasser hat sich bekanntlich schon früher mit ähnlichen Gegenständen beschäftigt; sein novellistisches Talent ist nicht bedeutend, aber es ist immer ein Verdienst, die brandcnbnrgische Vorzeit dem Publicum durch möglichst genaue Bilder zu versinnlichen. — Von einem Roman mit größeren Pttspectiveu: Albrecht Holm, eine Geschichte aus der Reformationszcit, von Friedrich v. Uechtritz (Berlin, Alexander D""cker), liegt uns der erste Band der zweiten Abtheilung vor. Wir haben mit vielem Interesse darin gelesen, wie denn das Buch auch bereits im Publicum viel Anerkennung gefunden hat, müssen uns aber unser eigentliches Urtheil doch bis zum Schluß des Werkes vorbehalten.
Von dem Kupserwerke „die bildende Gartenkunst in ihren modernen Formen, .von R. Sieb eck", ist bei Fr. Voigt zu Leipzig die V. Lieferung erschienen. Sie enthält außer der Fortsetzung des Textes auf zwei vortrefflich colorirten Knpfertafeln die Darstellung einer Meiereianlage und eines Parkes von einfachen großartigen Formen. Wir benutzen diese Anzeige, das Werk unseren Lesern angelegentlich zn empfehlen, es soll in zehn Lieferungen (ä Thlr.) erscheinen.
Eine sehr klare, zweckmäßige uud übersichtliche Zusammenstellung ist: „Die Revolution in Tyrol", von einem Tvrolcr. Innsbruck, Oftcrmann. Drei Hefte. Der Verfasser ist einer der geachtetsten Liberalen Tyrols. Er vereinigt Mäßigung mit Entschiedenheit. —
, Von der rühmlichst bekannten Statistischen Tafel aller Länder der Erde von Otto Hübner. (Enthält: Größe, RegicrungSform, Staatsoberhaupt, Bevölkerung, Ausgaben, Schulden, Papiergeld- und Banknoten-Umlauf, stehendes Heer, Kriegs- und Handelsflotte, Eiu- und Ausfuhr, Zolleinnahmeu, Haupterzeuguisse, Münze uud deren Silberwerth, Gewicht, Ellenmaß, Hohlmaß für Wein und Getreide, Eisenbahnen, Telegraphen, Hauptstadt und die wichtigsten Orte aller Länder der Erde: — Preis 4 Ngr.) ist so eben die dritte, vermehrte und verbesserte Auflage erschienen (Leipzig, H. Hübner). —
Herausgegeben von Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Als verantwort!. Redacteur legitimirt: F. W. Grunow. — Verlag von F. L. Herbig
in Leipzig. Druck von C. E. Elbert in Leipzig.