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Die musikalische Saison in Berlin.
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die Musik zu einer skizzenhaften Illustration herabsetzt. Auch Mendelssohn erreichte im Elias, einerseits freilich durch Hingabe an den Stoff, eben so sehr aber auch durch specifisch musikalische Verkörperung, einen festeren objectiveren Gehalt, als er im Paulus gefunden hatte.

Zum Schluß noch Einiges von unseren Gästen. Das bedeutendste Gastspiel war außer dem jetzt stattfindenden von Noger das der Petersburger Italiener, Sgr. Tamburini und Rossi nnd Sga. Persiani. Sie gaben den Barbier, den Liebestrank nnd den Don PaLquale. Freilich war mit Ausnahme Nossi's das Metall uud die Reinheit der Stimme dahin, und dennoch konnte man die höchste Befriedigung finden an der noch immer durchschimmernden, aristokratisch geglätteten Methode der Sänger und an ihrer lebendigen dramatischen Auffassung. Sga. Persiani ist freilich mehr Concertsängerin; aber sie entschädigt durch-die vollendete Feinheit nnd Dentlichkeit der Ausführung; ihr Gesang ist so geebnet, wie es auf dem Staudpunkt höchster Bildung zu sein pflegt, und dennoch reich an Nuanmungen, die sreilich sehr maßvoll nnd zart hineingewoben werden. Tamburini ist namentlich als Barbier fast das verwirklichte Ideal eines dramatischen Sängers. Ohne durch grelle Farbenmischung den gefälligen Eindruck des Ganzen zn stören, weiß er doch seincu Gesang auf das Mannichfaltigste zu beleben, nnd'entfaltet z. B. gleich in der ersten Arie einen Reichthum in den Wendungen des Vortrags, der , zumal bei der Seltenheit dieser Gabe, auch den sprödesten Znhörer beleben Muß. Sgr. Rossi ist nach wie vor ein trefflicher Buffo; seine Gewandtheit in dein schnellen Uebcrgang vom parlancio zum Gesang setzt vorzugsweise in Er­staunen; die Mehrzahl der deutschen Sänger würde dies wahrscheinlich nie erreichen können. Die Italiener gehen spielend mit dem Gesang um und befolgen trotzdem alle Grundregeln desselben viel strenger, als die Deutschen. Ob die italienische Operngcsellschast, die, wie es heißt, für den nächsten Winter von Kroll engagirt worden ist, in diesem etwas zn abgelegenen Local eine gute Stätte haben wird, ist noch zn bezweifeln. Erfreulich wäre es, weun sich die Nachricht von dem Gastspiel der Wiener Gesellschaft bestätigen sollte. Zwei Sängerinnen gastirten außerdem, Frl. Liebhardt uud Frl. Luise Meyer, beide mit recht vielem Talent begabt; namentlich ist von der Zukunft des Frl. Meyer, die viel dramati­schen Sinn zu haben scheint, Günstiges zu hoffen. Die Friedrich-Wilhelmsstadt, deren bedeutendste Opernkräfte in Frau Kljchenmeister-Rudersdorfs, einer gewandten Koloratursängerin, Herrn Hirsch (ein gift ausgebildeter und auch geistig befähigter Tenor) und dem überaus beliebten Baß-Buffo Herrn Düfsler bestehen, schwankt immer noch herum nnd scheint nicht geneigt, sich ausschließlich ans das Gebiet der komischeu und Conversalionsvper zu beschränken. Doch hat sie auch iu diesem Icchre einiges Alte ans dem Schntt hervorgesucht, den Schauspicldirector von Mozart, die beiden Gefangenen von d'Allegri, die Schwestern von Prag, die Dorfsängerinnen und die wandernden Komödianten, von Fioravanti; der be-

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