2^9
,
man es als eine sehr komische Art von Verschwörung begreifen, und der Dichter gebt offenbar zweiten anch ans einen komischen Eindruck aus, aber im Allgemeinen ist die Stimmung eine ernste, tragische, lind so liegt für uns die Unzwcckmäßig- keit des Verfahrens nicht l'loö in dem dargestellten Gegenstand, sondern in der Auffassung des Dichters selbst. Der Dichter hat unstreitig das Recht, das Thörichte in jeder Form darzustellen, aber mir müssen das Gefühl habe», daß er sich darüber erhebt, und wenn das nicht der Fall ist, so wird es um so verdrießlicher, wenn wir zugleich die Empfindung habe», daß der Dichter eigentlich gebildet genug wäre, um sich wirklich darüber zu erheben. So wird in der ,,schönen Isabelle" ein todter Bärenhäuter dargestellt, ein Geizhals, der neben seinem Schatz pergraben liegt, und der durch seinen fortlebenden'Geiz, als dieser Schatz gehoben wird, sich angetrieben fühlt, ihm'zu folgen uud nm ihn wieder zu erlangen/ sich in Dienst zu geben. Er erhält täglich einen bedentenden Loh», und hat zunächst nnr deu Gedanken, so bald wie möglich zu seinem Schatz wieder zu kommen. Nnn aber ißt er sehr stark, und dadurch wächst ihm immer neues Fleisch an. In diesem neuen Fleisch liegt zugleich menschliche Gntmüthigkeit, und während er als Gespenst dem gemeinsten Egoismus folgt, läßt er sich als Halblebeudiger von natürlichen Gefühlen bestimmen. Daö ist offenbar eine ans das Komische, Phantastische angelegte Erfindung; sie wird aber mit so breitem Pragmatismus ausgeführt, daß wir jene Freiheit der Phantasie, welche der komische Eindruck voraussetzt, darüber verlieren, uud zugleich mit so viel ernsthafter Moral zersetzt, daß wir zuletzt wirklich nicht mehr wissen, ob nicht am Ende doch die ganze Sache ernsthaft gemeint ist. Für manche sehr fein gestimmte geniale Gemüther ist diese Unklarheit der Empfindung freilich ein würzender Hautgout, für uns aber schmeckt sie doch zu sehr nach der Fäulnis;. Vollends unbegreiflich ist es aber, wie Heine in seiner romantischen Schule diese Arnim'schen Erfindnugen den Franzosen als das Höchste hat darstellen können, was die Deutschen im Gebiete des Schauerlichen geleistet haben, während doch selbst die Intention des Dichters nicht unbedingt darauf ausging.
Wir kommen auf das Einzelne noch im Weiteren zurück, hier wollten wir nur so viel feststellen, daß bei einem feingebildeteu Geist, wie Arnim, eine so unbegreifliche Verirrnng nur aus einer allgemeinen Richtung der Zeit zu erklären ist, die sich in formaler Beziehung an die Jdentitätöphilosvphie anknüpft. Wir gehen nun zunächst ans das Stoffliche ein.
Die germanistische Richtung im Gegensatz zu der^ antiken mußte im Laufe der Zeit nothwendig eintreten; die Erschütterung der Schlacht bei Jena bat sie nur gefördert. Die Aufkläruug wie der Classicismns hat im 18. Jahrhundert bei allen Nationen zu viel gethan. Man hatte das ganze Mittelalter, die große Vorzeit der historischen Stämme, bei Seite geworfen, und es war daher nicht anders möglich, als daß man endlich hinter die Einseitigkeit dieser Vorstellung
Grenzbotm, III. 18ö2- 32