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Charakterbilder aus der deutschen Restaurationsliteratur : Ludwig Achim von Arnim, geb. 1781, gest. 1831.
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Charakterbilder aus der deutschen Reftanrations-

literatur.

Ludwig Achim von Arnim, - .

geb, 178-1, 'gest, 1831.

Arnim könnte schon wegen seiner poetischen Gaben Interesse genug erregen, um zum Gegenstand einer psychologischen und ästhetischen Studie gemacht zu werden; er wird aber für uns noch nngleich wichtiger dadurch, daß wir an ihm das charakteristische Bild einer nicht blos litcrarischen, sondern sich über alle Zweige des Lebens verbreitenden Richtung des Geistes beobachten können. Er hat zu seiner Zeit, wo viel untergeordnetere Talente eine glänzende Stellung einnahmen, im Ganzen sehr wenig Ersolg gehabt, hauptsächlich weil er mit seinen Absichten und Tendenzen nicht deutlich hervortrat, während die anderen Dichter und Philosophen so lant als möglich ihre Ansichten und Sympathien verkündeten, uud wcun es thuen auch an Gestaltungskraft fehlte, was sie wollten, wirklich in's Leben zn rufen, doch wenigstens sehr, vernehmlich sagten, was sie wollten. Arnim's Dichtungen aber sind recht dazu geeignet, jeden Leser, welcher Tendenz und welcher Bildungsstufe er auch augehören möge, in Verwirrung zu setzen. Ab- geiehen von dem seltenen Talent zur Darstellung, das au sehr vielen Stellen hervortritt, werden wir bei ihm auch von Zeit zu Zeit durch eine zugleich tiefe und universelle Bildung überrascht; dann aber kommt unvermittelt eine Reihe von Absurditäten, die so übermenschlich sind, und so vollkommen jede Möglichkeit abschneide», einen Faden zu dem sonstigen Gedankenkreis des Dichters zu finden, daß wir alle Fassung verlieren. Uud doch ist es uns unmöglich, diese Verwirrung aus einer subjectiven Krankheit des Gemüths herzuleiten. Wenn wir auch uicht historisch wüßten, daß Aruim ein rwlleudeter Geutlemau, eine stattliche und zu­gleich liebeuöwürdige Persönlichkeit war, so würden wir es aus vielen Stellen seiner Dichtungen heraus empfinden. Auch bei seinen allcrtollsteu Einfällen wird es uns klar, daß es nicht blos zufällige Eingebungen und Lauucu-siud, sondern daß der Dichter mit eiuer bestimmten, bewußten Absicht und Reflexion an's Werk

Grenzbvten. IU. 1862. , 31

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