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Blick auf Spaniens letzte Vergangenheit und seine gegenwärtige Lage. 2.
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consul im christinischen Interesse gewirkt hatte, und das Madrider Cabinet hatte die Rücksicht, dem Herzog v. Montpensier, der um diese Zeit (Anfangs April) mit seiner Gemahlin, der Jnfantin, den spanischen Boden betrat, nach kurzem Ausenthalt in der Hauptstadt das von dem Brennpunkt der politischen Intrigue ferne Sevilla zur Residenz anzuweisen, ein Zugeständnis;, das Narvaez, der dem Sohne Lonis Philipp's noch den Groll wegen der gegen ihn gerichteten Machi­nationen des Vaters nachtrug, wenig Selbstüberwindung kosten mochte.

Während der revolntionairen Republik gegenüber, welche der spanischen Mo­narchie den Untergang zu bringen gedroht hatte, die diplomatischen Beziehungen sich schnell und günstig gestalteten, erhob sich plötzlich und unerwartet eine Ver» Wickelung mit England, die bis zur bedenklichsten Höhe sich steigerte. Und zwar nahm Lord Palmerston ohne jeden Anlaß die Initiative des Streits. Sein Be­nehmen in dieser Angelegenheit ist schwer erklärlich und noch schwerer zu recht­fertigen. Die Beziehungen der beiden Regierungen waren allerdings seit den Heirathen ziemlich kühl gewesen, mit Ausnahme der kurzen'Epoche des Serrano- schen Einflusses. Jedoch hatte Palmerstou, als Narvaez wieder an die Spitze der Verwaltung trat, sich aller übelwollenden Demonstrationen enthalten, dem Be­streben des Generals, die spanische Regierung von sranzösischem Einfluß zu eman- cipiren, sogar durch seine Organe in der Presse Beisall gegeben. Nach Louis Philipp's Sturz hätte man glauben sollen, daß die Nothwendigkeit beide Regie­rungen von selbst zur engsten Allianz führen müßte. England hatte gegen die Montpenfier'sche Heirath Einsprache erhoben, weil es, falls >die Orleans auf den spanischen Thron kämen, die enge Verbindnng'Frankreichs und Spaniens unter der Leitung Einer, nämlich der sranzöstschenPolitik, befürchtete. Die Februarrevolution sprengte nun diese entents corülals völlig. Die spanische Bourbonen-Dynastie mit der Sekundogenitur eines Orleans'schen Prinzen mußte der französischen Re­publik stets ein unbequemer Nachbar sein. Ein Moderadosystem, den in Frankreich gestürzten Constitutionalismus repräsentirend, konnte das Mißtrauen zwischen bei­den Mächten nnr steigern. Die englische Politik war somit ohne alle Bemühung in Besitz der Position gelangt, welche ihr Bulwer durch die Serrano-Jntrigue ver­geblich hatte erringen wollen. Statt dieser günstigen Lage sich schnell zu bemäch­tigen, richtete der britische Staatssecretair gegen die bedrängte spanische Regie­rung einen Schlag der feindseligsten Art.

Schon im Lause des März wurde Bulwer aus dem Foreign-Office eine Note übersandt, mit der Ermächtigung, sie nach Gntbefinden in dem für passend erachteten Moment dem spanischen Ministerium zu überreichen. In dieser Note wurde in den anmaßendsten Ausdrücken das in Spanien herrschende System als reactionair, unbeliebt und inconstitutionell getadelt. Die Königin Jsabella ward ausgefordert, statt ihrer jetzigen Rathgeber sich solche zu wählen, welche das Vertrauen der Nation besäßen, d. h. die Chess der progressistischen Opposition. Lord