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Vor zweihundert Jahren und jetzt.
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Vor zweihundert Jahren nnd jetzt.

Der muß sehr schwarz sehen, welcher läugnen will, daß Production, Wohlstand und praktische Intelligenz bei uns im Ganzen in rascker Zunahme begriffen sind. Der Kern unsres Lebens ist gesund, denn unsre Nation muß jeden Pfennig erwerben, den sie verzehrt, uud prodncirt jeden ihrer Werthe, ohne durch Gewalt die freie Production anderer Völker zn beschränken. Es giebt keine Klasse von Staatsbürgern mehr, deren Erwerb nnverhältnißmäßig geringer ist, als der Werth ihrer Arbeit. Die landwirtschaftliche Production, die Grundlage alles nationalen Wohlstandes und aller Volkskraft, wächst mit jedem Jahr. Die Verthei- luug des Ackerbodens, das Verhältniß des großen nnd kleinen Grundbesitzes ist Deutschland, als Ganzes betrachtet durchaus nicht ungünstig für eine schnelle Vermehrung der arbeitenden Capitalien. Mit jedem Jahr werden die Summen größer, welche sich in industrielleis Unternehmungen anlegen. Ueber dem Gelehr­te»- nnd Beamtenstande entwickelt sich im Volke eine freie praktische Intelligenz zwar langsam, aber in stetiger Zunahme. Und doch sind wir noch weit davon entfernt, eine wohlhabende Nation zu sein und mit Ueberraschuug und Schrecken haben die Deutschen in wenigen Jahren erfahren, daß ihnen noch viel von der ' Bildung, Kraft und sicheren Beurtheilung der edelsten Interessen fehlt, welche, eine. Nation trotz aller Hindernisse unabhängig, mächtig, gefürchtet'machen. Die Schriftsteller, welche vor dem Jahr 1848 zum Volke sprachen, hatten gern das Gegentheil , versichert. Wir waren nicht das reichste Volk der Erde, aber wir waren so gut geartet, vou so edlem Stamm, so hochgebildet uud so klng, daß es uns auf Erden nicht fehlen konnte, wenn wir nnr einmal recht wollten. Wohl, wir haben gewollt, und recht von Herzen, und doch war unser Können weit schwächer, als unser Wollen und ein gutes Theil unsrer Weisheit hat sich als Thorheit erwiesen. Wenn eine große Nation von. gnten Anlagen und reicher Vergangenheit in irgend einer Periode ihrer Bildung ein so merkwürdiges Miß- Grenzboten. III. 18!-2, 26