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Die großen Revuen in Warschau.
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Pferde. Nachdem ihm einige der fremden Officiere vorgestellt worden, setzte er sein Pferd in Galopp, gefolgt von einem glänzenden Gewühl von Uniformen aller Armeen und wurde von dem Feldmarschall unter dem betäubenden Hurrah von etwa 60,000 Kehlen mit Begeisterung empfangen.

Die Infanterie stand in drei Gliedern und war in zwei Reihen dichtge­schlossener Bataillonscolonnen sormirt, die mit der Reiterei und der Artillerie eine Fronte von 8 englischen Meilen bildeten, die der Kaiser und sein Gefolge ohne Unterbrechung in scharfem Galopp hinabritten.

Bei einer so flüchtigen Besichtigung erlaube ich mir kein Urtheil über die physische Beschaffenheit der Mannschaft abzugeben; aber wenn man bedenkt, daß sie bereits mehrere Stuuden in Staub und Sonne unter Waffen gestanden, so konnte man ihnen keinen Mangel an Aufmerksamkeit auf äußerliche Politur vor­werfen, während die vortreffliche Beschaffenheit der Cavaleriepferde zu offen­bar war, um übersehen werden zu können. Einige von den Artilleriepferden sahen ein wenig abgetrieben aus, aber sie waren schon mehrere Stunden im Geschirr, und hatten vielleicht auf der Fahrt nach dem Revueplatz ein paar Strecken bösen Weg gehabt. ,

Die ganze Masse setzte sich nun in Bewegung und desilirte zuerst in Para­deschritt. Infanterie und Cavalerie erschienen gut einexercirt, eher war des Guten zn viel geschehen. Die Infanterie hatte einen ganz eigenthümlichen Pa­radeschritt, der das Knie sehr anstrengen muß, und nichts weniger als schön aussieht.

Zum zweiten Male wurde rascher defilirt, und zwar in. einem besser auf das Marschiren berechneten Schritte, in Regimentscolonnen, jedes Regiment'aus i Bataillonen bestehend, und jede Colonne mit einer Fronte von A00 Mann. Die Genauigkeit des Aligncments und der Distanzen in solchen Massen war wahrhaft wunderbar, und die kriegerischen Melodien der vier vereinigten Banden jedes Regiments machten das Ganze ebenso zu einem musikalischen wie zu einem militairischen Schauspiel.

, Die Cavalerie ist gut beritteu mit ihren kleinen, gut gegliederten, gewandten Pferden, meistens aus dem mittleren Rußland und zum Theil aus der Ukraine und der Krimm; der'Kopf ist unansehnlich, der Hals kurz, aber'die kräftigen Knochen und die muskulösen Glieder zeigen im Ganzen einön guten Schlag. Sie sind sehr gleichmäßig von Größe, alle, wenn ich mich auf mein Augenmaß verlassen kann, kaum 13 Hand hoch. Man sieht klüglicherweise sehr streng ans diese Gleichmäßigkeit, und rangirt jedes Pferd, das über ein Maximnmmaß von wenn ich nicht ganz irre, IS Hand 1 Zoll groß ist, aus. Die Remoute kommt der Regierung sehr billig zu stehen, indem sür ein dreijähriges Pferd nur 70 Rubel bezahlt werden. Das Angebot ist so stark, daß jedes Regiment, das ich sah, 1200 Pferde von einer Farbe hatte.