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Charakterbilder aus der deutschen Restaurationsliteratur : Joseph Freiherr von Eichendorff.
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aufgiebt. Wenn Eichendorff die Fahne der Nomantik aufpflanzt, so ist der In­halt, den er vertritt, doch keineswegs mit dem Glaubensbekenntniß der roman­tischen Schule übereinstimmend. Was die romantische Schule für Deutschland so schädlich gemacht hat, war die Willkür und Unstetigkcit in ihren Gesichtspunkten, der subjective Hochmuth, mit welchem sie sich ein eigenes Ideal, einen eigenen Himmel aufbauen wollte, und ihre verkehrte Auffassung von der Kunst, die sie dem wirklichen Lebeu entgegensetzte, während die Kunst doch nur die Erfüllung und Rechtfertigung des wirklichen Lebens sein soll. Gegen diese Zuchtlosigkeit, die sich später iu ihren Nachfolgern, den Jungdeutschen, noch viel mehr heraus­gestellt hat, werden wir fortfahren müssen in die Schranken zu treten; was aber die stofflichen Gegensätze betrifft, zu deren genauerer Erwägung sie Anlaß gegeben hat, gothisch oder griechisch, christlich oder heidnisch, realistisch oder idealistisch, daö Alles sind Fragen, von denen man jede für sich behandeln muß, die von dem allgemeinen Princip der Schule aus nicht einmal eiue genaue Verständigung, viel weniger eine vollständige Rechtfertigung finden. Wenn wir uns in unsrer Literatur wie in unsrem Leben zn einer größern Gesundheit entwickeln wollen, so werden wir diese Versuche von dem Boden ans anstellen müssen, ans de,m wir einmal stehen, dem Boden deö Protestantismus und der durch die antike Welt vermittelten Bildung. Zeitlose liebenswürdige kleine Genrebilder wie die Eichendorsf'schen werden zwar immer zu einem vortrefflichen Schmuck unsres Muscntempels dienen, aber eine Säule daraus machen zu wollen, auf der nur das kleinste Gewölbe ruhen könnte, wäre ein thörichtes Unternehmen.

G a v a r n i.

Wir haben oben darauf hingedeutet, daß man nur zn leicht in den Fehler verfällt, den Begriff der Gemüthlichkeit auf einen engen Kreis willkürlich ein­zuschränken. Es ist mit dem Humor etwas Aehnliches. Allgemein herrscht bei nns die Ansicht vor , die Franzosen seien ein des Humors unfähiges Volk. Weun man das blos von der neuern Literatur behauptete, so würde sich wenig dagegen einwenden lassen, denn durch die französische Akademie, dnrch die Prediger des 47. und die Encyklopädisten des 18. Jahrhunderts ist der Sprache ein so anci- thematisch-militairischcr Charakter aufgeprägt worden, daß sie nnr noch die gerade Linie kennt, uud diese widerstrebt allem Humor. Zur geistreichen Konversation, zum Witz nnd znr Beweisführung, ja anch wohl zur eigentlichen Beredtsamkcit ist die französische Sprache so geeignet, wie keine andere, aber zu jener nngenirten Bequemlichkeit, die von dem Wesen des Humorö unzertrennlich ist, scheint ihr