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Die Appenzeller Landsgemeinde : eine Grenzbotschaft. 1.
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in seinem dorfähnlichen Ban, durchgrünt von Gärten, dnrchwel't von Zeichen reger Betriebsamkeit, angefüllt in allen Gassen von bereits versammelten Gästen. Vor dem stattlichen Gasthause zum Hecht ist das wogendste Gcdräng. Wagen von mannichfaltigsten Mode- und Alterssormen stehen schon in Massen aufgefahren und den Aussteigenden'schallt von sanbergekleideten Kindern, wie von reichgcschmückten Mädchen die Bitte um ,,LandSgemeindskram" mit gleicher Energie wie auf der Landstraße entgegen. Was ist Landsgemcindskram? Grobes Zuckcrwerk, kleine Lebzelten, die zu unendlich billigen Preisen in Buden und von Hansircrn aus- gcbotcn werden. Sie scheinen gleichsam ei» BeschwichtiguugSmittcl für die un­würdigen Kinder uud Fraueu, damit diese schweigen, während die Männer tagen. Aber die Kosten dafür fallen ganz gerechter Weise den Fremden zu, denen die ganze Laudsgemciude mehr ein Schauspiel der Neugierde, als ein Act von lokal- politischer Wichtigkeit ist. Um den massenhaften Bitten um Geld dazu, ohne allzugroße Kosten und noch dazu in überraschender Weise entsprechen zn können hat sich denn auch der civilisirte Schweizer aus den niedrigeren Nachbarcantonen mit den neuesten dort angelangten kupserucu Zweiceutimenstücken verschen; ihrer ö0 kosten erst 28 Kreuzer. Verdnzt betrachtet die Jngend das ausgeworfene nnd in nicht gerade olympischen Niugspielen eroberte Geld. Der kleine Bruder zeigt es zweifelnd der erwachseneu Schwester, welche ihm jedoch eben so wenig Rath weiß, weshalb es am besten sofort beim Landsgemeiudst'rämer gegen besser ver­ständliches Backwerk vertauscht wird. So ward am 23 April daS neue Schweizer­geld von der rcpublikauischcu Jngend Appenzcll-Jnuerrhodens in Lebensvcrkehr gebracht, dem cs bis da noch ganz fremd geblieben war. Und seitdem werden wohl selbst diese reinen Berghohen auch von der grobem Mickelscheidcmünzc inficirt worden scin, welche zum Entsetzen der ganzen Schweiz den vollkommen werthlosen Uebergang vvn den Knpfercentimeu zu den zwar geschmacklosen, aber feüchaltigen Silberfrcnckcn bildet. Beinahe wäre jedoch am 23. April -1832 von den stimm- fähigcn Republikanern anch die Revision der Jnnerrhodener Verfassung nach der Bundesverfassung vvn 1848 beschlossen worden. Und wie dies nicht geschah, soll weiterhin erzählt werden. Eine hohe pentarchische Diplomatie, welche ja diese Bundesverfassung gern austilgem möchte, muß jedenfalls der kleinen Demvkraten- republik ihren besondern Dank für die abermalige Vertagung der Entscheidung bringen. Denn hätte jetzt Appenzell Junerrhoden sür Adcptirung der Cantönli- constitntion au, die BundeSacte gestimmt, so wäre der klerikalen Antiagitation in anderen vorwiegend katholischen Cantoncn ein vielgiltiger Nachdruck genommen und die Festwachsung der fatalen Bundesverfassung wieder an einem Flecken zum lutt aekompU gewordcu, welcher sich bisher standhaft gegen jede einhcitskräftige Gestaltung der Eidgenossenschaft gestemmt hat. Aber wo, wenn solche Verwach­sung einträte, wo bliebe die Zukuijft des herrlichen Kölner Planes, welcher Frank­reich mit etwas Westschweiz abfindet, Oestreich mit etwas mehr Ostschweiz bedenkt, Krcnzbotcn. m. 12