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wenn er mittlere Sorten kauft. Denn die Weichlichkeit des einen nnd die Herbheit des andern ist in dieser Sphäre so groß, daß eben nnr eine solche Mischung ein wahrhaft genußreiches Getränk erzeugt. Dabei ist durchschnittlich ein Theelöffel voll Thee auf zwei Tassen Anfgnß zu rechnen; nnd es eignet sich die gemildert-russische Bereitnngsweisc am Besten für die Gewinnung der wahrhaft gnten Stoffe eines solchen Mittelthee'S. D. h. der in die gewärmte (aber innerlich nicht nasse) Theekanne geschüttete Thee wird mit einem Drittheil des Ge- sammtausgnsses sprudelnd - kochenden Wassers übergössen und wohlverschlossen 8—10 Minuten ans den forttochenden N^st gesetzt, worauf man diesen zugießt. Aber jetzt muß auch der Thee rasch getrunken werden, nicht lange auf Wärmlampen oder gar auf der Osenplatte> stehen, da sonst sämmtliche feinere Thce- geister entfliehen und nnr der irdische Extract der materiellen Pflanzentheile zurückbleibt. — Mehr Freiheit phantastischer Mischung ist freilich Demjenigen gestattet, welcher nur die feinsten grünen und schwarzen Sorten (des Seeweges) verwendet. Immerhin darf jedoch der grüne Thee nicht mehr als die Hälfte ausmachen. Dagegen darf diese scheinbar pedantische Regel ohne Schaden für Geschmack und Gesundheit der glückliche Nüsse verletzen, welcher vom schwarzen, wie vom grünen Thee nur die besten Gattungen, nnd diese auf dem Laudwege bezieht. Er trinkt häufig den schwarzen Thee ganz rein, nnd fügt dazu blos dann eine Wenigkeit des grünen (Caravanenthee's), wenn sein Geschmacksorgan bereits verwöhnt, das gesammte Nervensystem minder empfänglich für die Thcewirknngen geworden ist. Diesem überfeinerten Gourmand begegnet blos jener arme russische Theebedürftige, welcher seine Sehnsucht mit ganz geringen Sorten, oft mit Blättern stillen muß, denen im Ssamvvar des Reichen bereits einmal die Lebensgeister ausgesogen, die dann von betriebsamer Hand gesammelt, gerollt und getrocknet, endlich aber im Allerhandskramladen abermals-lothwcis'verkauft wurden. Auch dieser blutarme Genosse des „schwarzen Volkes" mischt grün uud schwarz; er wendet weinend sein bärtiges Hanpt ab, wenn er den Aufguß nach Art der Jng- lesen sogar noch einmal aufwallen läßt, und er träufelt dann einige Tropfen Li- monensast hinein oder überschüttet ihn mit der Lethe des Nordens — mit Schnaps. In Deutschland gießen nun Viele Nnm oder gar Nothwein in den Thee, welcher bereits durch Znckermassen seine Ursprünglichkeit völlig abstreifte — ein deutlicher Beweis, daß diese Vielen aber. nur auf der Culturstufe des gemeinen Russen stehen. Von jenen deutschen Böotiern kann aber natürlich hier gar nicht die Rede sein, welche sogar Zimmet oder Vanille oder Nelkenblüthen oder Pomme- ranzenschalen und andern Unrath einem Getränk beimischen, das nur ein volles Unverständniß des Begriffes Thee noch mit seinem Namen zu belegen wagt.
--Hingerissen von der Entrüstung über die Entwürdigung des Thee's
siud wir vom Ziele abgewichen, haben wir den Blick für Momente vom schwarzen Thee abgewendet. Jedermann weiß, wie sehr er sich vom grünen Thee im