Beitrag 
Der Saal für nordische Alterthümer im neuen Museum zu Berlin.
Seite
297
Einzelbild herunterladen
 

297

Segen spendenden Kräfte und Tod bringenden Mächte zum Jenseits nach dem Tode, um dann, nachdem wir das menschliche Leben durchmessen, die Schicksals­göttinnen, und endlich die geisterhasten Phantasiegestalten der Naturelemente, wie sie im Glauben der Alten lebten, diese in ihrer Größe und Lieblichkeit grauen­hasten Gestalten, vor unser Auge zu stellen. Wir haben es hier nicht mit einer Kunst zn thun, deren Inhalt wir gleich ihrer Erscheinung einzig nach ästhetischen Grundsätzen wägen dürfen, sondern mit einer instrnctiven Kunst, welche den Ent­deckungen der forschenden Wissenschaft einen anschaubaren Leib ertheilt, nm sie dem Verständniß des Publicums näher zu bringen. Vielen wird esvor diesen Bildern erst ausgehen, welch eine sinnvolle Poesie, welch eine Fülle von sittlicher Lebens- und Naturauffassung auch iu der deutschen Göttersage richt,' Viele werden erst durch die äußere Anschauung zn einer innern gelangen. Darum scheint es uns verdienstvoll, daß man hier im Museum den Platz gefunden, aus dem die malerische Belebung der deutsche» Mythe an ihrer rechten Stelle ist.

Zwei landschaftliche Gemälde reihen sich durch innere Verwandtschaft den mythischen Darstellungen an, beide von Bellermann gemalt. Sie befinden sich in der Mittelnische der zuerst betrachteten Schmalseite, neben der Thür, welche in die Räume der ethnographischen Sammlung führt, einander gegenüber, und stellen dar: Hünengräber an der Ostseeküste nnd den Kreidefelsen der Stubben­kammer auf Rügen mit einem alten Opfcraltar, an dem noch die Blutrinne zu bemerken ist. Sie haben freilich hier ein sehr schlechtes, eigentlich gar kein Licht, wie denn der Saal der nordischen Alterthümer in dieser Beziehung überhaupt nicht zu den begünstigten Räumen gehört.

Charakterbilder ans der deutschen Restaurations-

literatnr.

Eduard Mörike.

Mörike, früher Pfarrer in Clcversulzbach, war seit der Heransgabe seines Idylls am Bodensee der literarischen Welt vollständig ans dem Gesicht entrückt. Wir hören, daß er längere Zeit in Mergentheim lebte, jetzt aber in Stuttgart «m Katharinenstift, einer Lehranstalt für jnnge Mädchen, Literaturgeschichte vor­lagt, und im Winter öffentliche Vorlesungen über Shakspeare, gleichfalls für Damen, gehalten hat. In der letzten Zeit ist auch in Stuttgart sein Por­trait erschienen, in dem er als wohlbeleibter, behaglicher Mann mit der Brille erscheint.

Grenzboten, II. 38