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Die Concertsaison 1851-52 in Leipzig.
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geworden sein wird, und dann die Besorgung der öffentlichen Musikgeschäste den Händen gewisser Kreise von selbst entfällt, die jetzt noch ein traditionelles Recht für sich in Anspruch nehmen.

Ausgeführt wurden im Gewaudhause: 1) Jnstrumentalwerke: von Bectho- veu: alle Symphonie» mit Ausnahme der ersten und zweiten; die Ouvertüren zu Coriolau, Egmont, ox>. US und Leouorenvuverturen Nr. 1, 2, 3; von Mozart: Symph. in Kscwr nud Ouvert. zur Zauberflöte; von Mendelssohn: Symph. Nr. 3. ^moly, Nr. i. (^clur), Ouvert. zu Meeresstille und glückliche Fahrt, zu den Hebriden und zur schönen Melusine; von Haydn: Symph. in Läu,r und Cäur; von Gade: Symph. in emoll (Nr. 1.) und Läur (Nr. i.); von Weber: Ouvert. zu Oberou, Euryanthe, Freischütz, Beherrscher der Geister; von Schumann: Symph. in Csclur, in fünf Sätzen (Nr. 3.), Ouvert. zur Braut von Messiua und zu Genoseva; vvu Cherubini: die Ouvert. zu Anacreon uud zum Wasserträger. Ferner Symphonien je eine von Kalliwoda (Nr. K, »moly, Fr. Schubert (vvur), Onslvw lvmoll), Golt ermann aus München (^.moll, neu, Mscpt), Herrmann, Mitglied des Orchesters zn Leipzig (neu); Ouvertüren, je eine von I. Rietz (^Äar), Rossini (zu Teil), Marschner (Vampyr), Lindpaintner lFaust), Gluck (Jphigenie in Aulis). Die neuen Werke von Goltermanu und Herrmann, obgleich die Producte zweier ganz verschiedener Individualitäten, sind in ihrem äußern Ansehen sich doch ziemlich ähnlich; dieselbe Autorität hat Beide zum Schaffen angetrieben. Man findet in ihnen von Neuem den traurigen Beweis, daß die jetzt so allgemein verbreitete Formengeschicklich- keit alle höhere Begeisterung ertödtet, und daß wir armen Epigonen nnr in kunstvollem Spiele die Bausteine, welche unsre guten Meister uus vererbt haben, zu außerordentlich gezierten Gebäuden zusammensetzen. Wir sind auf den Pnnkt gekommen, daß die Kunst alles Wunderbare und Göttliche verliert; Werke, die früher in dem Leben des gereiften und erfahrenen Tonsetzers als Ereignisse von Bedeutung betrachtet wurden, gelinge» jetzt den Händen unerfahrener Tironen. Wie lange wird es dauern, daß die -ISjährigen Zöglinge der deutscheu Conser- vatorien den Kameraden mit Verachtung bei Seite stoßen werden, der in diesem Alter nicht wenigstens 2 Symphonien geschrieben? Es sei ferne von uns, den Autoren der Werke, welche nns zu dieser Betrachtung veranlaßten, ihre persön­lichen Verdienste rauben zn wollen; ihre Werke bezeugten, daß sie sich mit dem Baue uud dem Inhalte der classischen Compositivneu ämsig beschäftigt hatten, daß sie mit Eifer dem Stndinm des Contrapunkts und der Instrumentation obgelegen, daß sie sich die musikalischen Fähigkeiten zu eigen gemacht, deren man durch Fleiß sich bemächtigen kann. Aber ! Die schon so oft beobachtete Erscheinung, daß gerade die Mendelssvhn'sche Art zn schreiben am meisten zum Cvpiren reizt, weil in ihr eine ganze Menge leichterfaßlicher Momente liegen, hat sich auch in diesen beiden Symphonien bestätigt. Es ist wahrscheinlich, daß noch durch lange