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Charakterbilder aus der deutschen Restaurationsliteratur : Karl Zimmermann.
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die schelmische Gräfin", 1830). So ost er komisch werde» will, wird er rvh, plump, oder gar gemein; die Sprache ist bis zur Geschmacklosigkeit unpoetisch, die Intrigue täppisch, die Charaktere schablonenhaft angelegt, und außerdem so häßlich, daß mau uicht einmal darüber lachen kann. Fast das Nämliche kann man von seinen satyrischen Versuchen sagen, demPater Brey" (1823), einer übrigens wohlgemeinten Abfertigung der pietistischen Angriffe Pustkuchen's gegen Goethe, uud demim Irrgarten der Metrik herumtaumelnden Kavalier" (1829), einer Erwiderung auf die zügellosen Angriffe Platen's. Das Beste dieser Art ist noch die kleine metrische ErzählungTulifäntchen" (-1830), die komische Geschichte von einem verliebten Zwerge, dem das Schicksal vorbehalten hat, einen menschenfresserischen Riesen zn tödteu, und der zum Lohn dieser That eine stolze Prinzessin als Brant hcimführeu soll. Eiuzelue Einfälle, z. B. wie der Niese Schlagadvdro sich von der Prinzessin bilden läßt, ehe er sie frißt, und zu diesem Zweck die griechische Conjugation erlernt u. s. >v., sind wirklich sehr komisch, wenn anch blos von einer Komik des Verstandes nnd der Reflexion. Erst ganz am Ende seines Lebens war es Jmmermann vorbehalten, wenigstens einen Anfing von dieser Poesie zn erhäschen, die sich in der Schönheit offenbart. Das unvollendete Gedicht:Tristan uud Isolde" (18-10) enthält einzelne Züge, die sich an Heiterkeit und Lebenslust den Schöpfungen der besten Dichter an die Seite stellen können. Während sonst die Dichter in der Niegel gegen das Ende ihres Lebens verkümmern, raffte Jmmermann durch unermüdliche An­strengung erst ganz zuletzt alle die einzelnen Funken, die in seinem Gemüth schlummerte», zusammen, nm einen, wenn auch nur flüchtigen Glanz der Poesie hervorzurufen.

In der Tragödie konnte man von einem ernsthaften, gewissenhaften Streben Besseres erwarten. Hätte Jmmermann andere Vorbilder gehabt, als die Schick­salstragöden nnd den ins Romantische übersetzten Shakspeare, so würden seine Stücke zwar uicht wichtiger sür die Literatur, aber weuigsteus in ihrer Form besser geworden sein. Wie jetzt die Sache stand, sind seine romantischen Tra­gödien ganz in den Plnnder von Müllner, Houwald u. s. w. zn werfen, so sehr er auch diesen Dichtern an Verstand, Bildung uud Energie des Charakters über­legen ist. Zu diesen Stücken gehören: Der Prinz von Syrakus (1821), Edwin, das Thal Ronceval, Petrarca (-1822), König Pcriander und sein Hans (-1823), das Auge der Liebe (182-i),, Cardenio und Celinde (-1826), das Opfer des Schweigens (-1837). Zwischen die beiden letzten Stücke fällt seine dramaturgische Thätigkeit, die in vieler Beziehung die größte Anerkennung verdient. In den Briefen, die neuer­dings aus dieser Zeit von ihm veröffentlicht sind, finden sich sehr lehrreiche Bemerkungen. Jmmermann'legte mit Recht das Hauptgewicht auf das Zusam­menspiel, welches bei der Zerstückelung unsrer Dramen durch einzelne virtuose Leistungen vollständig verloren geht. Während der Jahre 1833-1837, wo

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