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schaffung der'Todesstrafe, Straflosigkeit der Gotteslästerung , ehrenvolles Be- gräbniß des Selbstmörders." — Wie das Alles unter sich zusammenhängt, verstehe ich nicht recht, noch weniger, wie Sie später alle diese Punkte als Gegensatz gegen das Christenthum aufstellen können. Denn mit den civilrechtlichen Be- stimmnngen, die Sie zuerst anführen, hat sich das Christenthum überhaupt nie zu thun gemacht, und was jene Auffassung des Strafrechts betrifft, daß es nur ausgeübt werde, um den biblischen Spruch: Auge um Auge, Zahn um Zahn, zu erfüllen, so scheint mir diese äußerliche Auffassung des Gesetzes mehr jüdisch als christlich, da das Christenthum die Strenge des Gesetzes im Geiste der Liebe gebrochen haben will. Inwieweit die Theilbarkeit des Grundeigentums und, die Gewerbesreiheit in jedem bestimmten Fall dem Volke nützlich sind oder nicht, darüber werden uuter uns verschiedene Meinungen stattfinden, weil eine so con- crete Frage sich überhaupt nicht mit einer abstractcn Allgemeinheit ausmachen läßt. Gern aber wollen wir Ihnen zugestehen, daß wir uns in allen diesen Fragen nur .durch den Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit bestimmen lassen, da in dem göttlichen Gesetz über Majorate, über Erbrecht, über Ansässigmachung nud Gewerbesreiheit unsres Wissens Nichts zu finden ist.
Drittens. „Die Revolution fordert die Gleichheit, Aufhebung aller Stände, Klassen und Korporationen, aller gegebenen Obrigkeiten, Nivellirnng der Gesellschaft." — In diesem Sinn will der Liberalismus nicht die Gleichheit der Menschen. Er fordert eben so wenig vom Staat das gleiche Glück für jeden Einzelnen, wie er von Gott die gleiche Fähigkeit für jeden Einzelnen fordert. Aber er verlangt für Jeden die Gleichheit des Rechts und die Gleichheit der Ehre: er will, daß der schlechteste Tagelöhner dasselbe Gefühl der Menschenwürde in sich tragen soll, wie der stolzeste Pair des Reichs,, und er will, daß die Institutionen und Gesetze des Staats ihm dieses Gefühl nicht unmöglich machen. Jene goldene Zeit, wo der Edelmann ungestraft das bürgerliche Mädchen entehren und ihren Bruder, der Rechenschaft von ihm forderte, fuchteln lassen konnte, jene goldene Zeit hat der Liberalismus allerdings abgeschasst, und er hat selbst das von Gott gegebene ärcM äs seiFaeuri-rge nicht geachtet. Wenn das die „gliedliche Stellung" ist, in der Sie Gottes Weltplan wiederfinden, so nehmen wir allerdings Ihre Vorwürfe an. Aber Sie sollten nicht so hart über ein Princip urtheilen, dem Sie selber Ihre Geltung verdanken. Sie stehen geehrt und angesehen in der Mitte der ersten Versammlung des Reichs, ein Führer Ihrer stolzen Partei, Sie, der Bürgerliche, der Gelehrte, der Abkömmling eines verachteten Stammes! Ueberlegen Sie sich, was Ihre Stellung sein würde, wenn die Revolution nicht jenen gliedlichen Organismus, den Sie Gottes Weltplan zu nennen wagen, aufgehoben hätte! — Daß übrigens der Liberalismus die Aufhebung aller Korporationen fordert, der Eisenbahngesellschastcn, der Banken n. s. w., IMn wir zum ersten Male; und daß er die Aufhebung der gemeinschäd-