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und Erzbischos von Paris höflich genug, den ihm angebotenen Scnatorfautcuil nicht zurückzuweisen. Also, haben wir nur etwas Geduld, die Diplomatie, welche, wie Bonaparte sagt, seine Mäßigung bewundert, wird bald auch Gelegenheit haben, seine Konsequenz anzustaunen, wenn sie nicht feinnasig genng sein sollte, diese zu erwarten. Es bleibt darum nicht minder komisch, daß man mit der Republik so viel Umstände macht und ihr so viel Schonung bezeugt, wie keiner Regierungsform vorher. Die besiegte Todte wird uoch mehr gefürchtet, als die früheren Regierungen, als sie am Leben waren. Sie existirt freilich nur im Briefe, wie jene Krebse des Zigeuners, allein auch der Name verdient unsre Beachtung zu eiuer Zeit, wo eben die Republik an einem andern Namen zu Grunde gegangen.
Wenn man sich nun aber ins Gewissen frägt, was Frankreich zu all dem sage und denke, so wird die Antwort nicht leicht. Aus einzelnen Erscheinungen zu schließen, glaubt das Laud selber, es habe das Alles verdient, nnd diese Lehre werde den Parteien nutzbringend sein. Die unteren Volksklassen namentlich sehen vielfach in Louis Buonaparte einen Rächer, als wäre er, der Prätendent, ein Spartacus, der sie zu rächen übernommen hat. Aus der audern Seite aber werden so viele oppositionelle Knndgebuugeu kund, daß man nicht recht weiß, welche Wagschale schwerer wiegt. Nur in Paris ist die Opposition, d. h. die . Opposition der Gefühle nnd der Gedanken, in der Mehrheit, da selbst die revo- lütionaire Partei Louis Bouaparte blos als ein von der Vorsehung auserseheues Mittel betrachtet. Die zweckmäßigen Veränderungen nnd die mitunter lobenswer- then Bestrebungen des Präsidenten sind ihr zwar willkommen, aber fast eben so sehr, weil sie eine Strafe und ein Sporn für die reactivnaire uud stetige Bour^ geoisie und Finanzwelt, als weil sie wirkliche Fortschritte verheißen. In den Salons hat man es längst aufgegeben, von Politik zu sprechen, uud dies geschieht uur in den vertrautesten Kreisen; es ist also schwerer denn je, die eigentliche ! Meinung der mittlern uud höhern Stände zn erfahren. Eigentliche Salons giebt es auch nicht mehr, uud das gesellige Lebcu mit dem regen Wechsclverkehre aller Meinungen und Klassen hat mit dem zweiten December zu athmen aufgehört. Bisher war die Schwelle des Salonö ein Bad im Styx, über dem man sein, politisches Glaubcnsbekenntniß vergaß und blos an seine geselligen und geistigen Eigenschaften und Forderungen dachte. Selbst die Februarrevolution hatte in den Gewohnheiten der französischen Gesellschaft, oder besser der französischen Geselligkeit keine besondere Veränderung hervorgebracht, und einige wenige legiti- mistische Familien, einige wenige anderweitige Ausnahmen abgerechnet, behielt der Salon seine gewohnte Physiognomie. Der Unterschied war blos der, daß man sich in anderen Räumen sah, aber man sah sich, uud es waren dieselben Männer, die sich sahen. Jetzt ist es anders geworden uud es giebt eigentlich blos bonapartistische Salons. Die anderen haben aufgehört und diese stehen entweder ganz