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Herausgeworfene rückten Beiträge aus Oestreich und Deutschböhmen ein, denn das Buch fand allerwärts sofort Freunde, und den Herausgebern strömten Mittheilungen von allen Seiten zu. Also wuchsen die Varianten zugleich in dem Maße heran, daß sie einen eigenen Band füllten, der als dritter Th.eil der Sammlung beigegeben wurde. Leider ist dieser reichhaltige Band bisher nur wenig verbreitet. Er enthält außer Hunderten von Varianten (Seite -I—233), die von Deutungen einzelner Märchen, Nachweisen ihrer Verwandtschaften unter einander und mit den Sagen und Liedern Deutschlands wie anderer Länder und Völker begleitet sind, „Zeugnisse" für die Märchen ans älteren griechischen und römischen, wie aus deutschen und englischen Schriftstellern, und eine mit seltenem Fleiße und merkwürdiger Belesenheit ausgearbeitete „Literatur" der Märchen aus Italien, Frankreich, Spanien, Großbritannien, Dänemark und Schweden, Deutschland, den slavischen Ländern, Ungarn, Griechenland und dem Orient.
So war denn die Bahü gebrochen, an eifriger Nachfolge fehlte es nicht. Es dauerte nicht lange, da regte es sich nicht nur in Deutschland, sondern auch außerhalb des Vaterlandes. Alle Erdtheile lieferten ihr Contingent, besonders aber zeigte sich Deutschland selbst thätig, nnd zwar nicht nur in der Herbeischaffung eigener Märchen, sondern auch im Aufsuchen und Uebersetzen der Märchen anderer Völker; in letzterer Beziehung gingen die Brüder Grimm wieder durch ihre vortreffliche Uebersetzung des ersteu Theils von Crokcr's irischen Märchen voran. — In Oestreich waren Franz Ziska, Bechstein, der beliebte Volkserzähler Joseph Rank, Friedmund von Armin* u. A. thätig, doch ist das Feld dort noch lange nicht ausgebeutet, und reiche Schätze warten noch auf fleißige Hände. Aus der Oberlausitz brachte E. Willkomm zwei Bändchen mit nicht reichem Inhalt nnd allzn breiter Erzählung. Am eifrigsten war man in Norddeutschland, wo n. A. Mullen- hoff, Knhn und Schwarz ausgezeichnete Sammlungen veranstalteten und Firmenich in Germaniens Völkerstimmen manchen schönen Beitrag lieferte. Eben so thätig war der Westen Mitteldeutschlands, dem wir Bechstein's Märchenbuch, die Sammlungen des leider zu früh verstorbenen Emil Sommer und Wolfs Hansmärchen danken, wo gerade jetzt vr. FrieS (in Werthheim) wieder eine reiche Sammlung vorbereitet. Aus Baden erhielten wir noch Nichts, in dem Elsaß sammelte A. Stvber nur wenig, dagegen sitzt in Bayern wieder ein sehr eifriger Forscher, Oberbanrath Friedrich Panzer, der Herausgeber des „Beitrags zur deutschen Mythologie", von dessen Thätigkeit wir zweifelsohne noch Manches zu erwarten haben. Von Tyrol erhielten wir vor Kurzem die schöne Sammlung der Brüder Zingerle (deren einer die auch an Märchen reiche ehrenwerthe literarische Zeitschrift der „Phönix" redigirt) und wo Vonbun bereits vorher einige Beiträge aus Vorarlberg' brachte. Sehr viel ist noch für Sammler zu thuu. Und dennoch' drängt die Zeit sehr, denn täglich sterben von den alten Erzählern, und mit ihnen wird für immer Verlorenes begraben. Wie verdienstlich wäre es, wenn die historischen Vereine, die Redactionen