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E. T. A. Hoffmann und sein Einfluß auf die neuere Literatur.
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Vorzüglich war er darauf bedacht, seinen Liebling Calderon ans die Breter zu bringen; er stattete dieAndacht zum Kreuz" mit einem melodramatischen Schluß, mit Transparentbildern nnd den andern Requisiten einer Opernaufführung aus, und hatte eine kindische Freude darau, daß die Bamberger katholisch genug waren, um sich an diesem Erzeuguiß der gra^sesten Bigotterie zu begeistern, daß selbst die Geistlichen, die sonst die Bühne als ein Teufelswerk verdammten, jetzt der Erbauung wegen ins Theater gingen. Es war bei ihm nicht im Geringsten von einer religiösen Sympathie die Rede, aber diese Gleichgiltigkeit gegen den sittlichen Inhalt, wenn nur die äußerlichen Kunstmittel zur Geltung kommen, verräth doch etwas Ungesundes iu seinem Denken und Empfinden. Diese Flucht der Kuust aus dem Kreise der allgemeinen Ideen ist eben so ein Abweg, wie die Anmaßung der Kunst, dnrch ihre Empfindungen und Stimmnngen der Wissen­schaft und dem öffentlichen Leben eine neue Richtuug geben zu wollen, uud weuu man den Schillerschen Idealismus verspottete, der in seiner Farblosigkeit gegen das Schöne und Interessante im empirischeu Leben gleichgültig machte, so war dieser umgekehrte Idealismus, der das Jrrationelle und Unvermittelte,mit einem Heiligenschein verklären wollte, eigentlich eine weit größere Sünde gegen das Leben wie gegen das Ideal.

Hoffmann wurde jetzt allmählich mit den hervorragenden Geistern der-deutschen Literatur näher bekannt. Karl Maria v. Weber nnd Jean Paul bewiesen ihm viel Theilnahme; auch Fouqnv, den er. für einen sehr großen Dichter ansah, wurde mit ihm durch Hitzig bekannt uud arbeitete für ihn seine ,,Undine" als Oper um. Am wichtigsten war seine Bekanntschaft mit Nochlitz, für dessen Zeit­schrift er die später in denPhantasiestücken" gesammelten musikalischen Auf­sätze schrieb.

Im Anfang des Jahres 1813 wurde er als Mufikdirector uach Dresden berufen. Zwar wurden die künstlerischen Bestrebungen durch die Kriegswirren fortwährend unterbrochen, aber im Ganzen wnßte er es doch dahin zu briugeu, daß in den Aufführungen ein edler Styl vorherrschte.

Das Verhältniß hatte sich bereits aufgelöst, als ihm im Jahre 4 814 durch den Einfluß seines Freundes Hippel Gelegenheit geboten wurde, die juristische Carriere wieder zu betreten. Er würde in Berlin beim Kammergericht angestellt, seine äußerliche Stellung wurde bald sehr befriedigend, und nebenbei gewann er dnrch seine Schriften einen so großen Ruf, daß die Honorare, die ihm geboten wurden, ins Ungeheure gingen, und daß er dnrch die Buchhändler selbst zum leichtsinnigsten Arbeiten getrieben wurde. Seiu Leben war zwischen juristischen Geschäften und tollen, ansgelasseueu Gelagen getheilt. Von den letzteren haben sich die Traditionen noch immer in Berlin erhalten. Ein Lichtpunkt in diesem Treiben waren die sogenannten Serapionsabende, in denen ein sehr interessanter Kreis geistvoller Männer (Hitzig, Contessa, Koreff, vorübergehend anch Fouqus,