Der Königslieutenanr,
Lustspiel in vier Aufzügen von Karl Gutzkow.*) '
Es ist ein Scherz, der nie seinen Effect verfehlen wird, wenn man aus der Bühne von einem Ansländer oder einem Ungebildeten die deutsche Sprache verdrehen läßt. Schon das Bewußtsein höherer Bildung giebt dem Pnblicnm jene heitere Stimmung, die für die Komik empfänglich macht. Außerdem lassen sich die ergötzlichsten Mißverständnisse dabei anbringen. Wenn z. B. Gutzkow's französischer Ofstcier iu der Mitte seines künstlerischen Eifers ausruft: „Es nicht kann sein ein großer Vergnügen, zu haben fremde Menscher in seinen Proprie- tvs," so würde schon der Ausdruck „Menscher" für „Meuschen" hinreichen, die allgemeine Stimmung für den Dichter zu gewinnen, wenn auch nicht ein ungebildeter Unterofficier hinzukäme, der durch seiue falschen Uebersetznugen (z. 'B. Iss vexres SieiUknnes das ficiliauische Vesperbrod, eultivö geackert u. s. w.) dieses Gefühl der Befriedigung steigerte. Ein wenig hat freilich Gutzkow diesen Eindruck gestört, indem er die Zahl der Sprachfehler über Gebühr ausdehnt, und indem er von einem wissenschaftlich gebildeten jungen Mann dieselben verbessern läßt, weil dadurch wenigstens bei einem Theil des Publicums das Gefühl der Superiorität aufgehoben wird. Aber trotzdem bleibt noch immer viel Komisches, und wie es eine Zeit lang Sitte war, durch Jüdeln die Menge zn befriedigen, so kann es wol geschehen, daß das französisch-deutsche Radebrechen als ein wirksames Moment der komischen Poesie noch weiter cultivirt wird.
Es ist ferner ein Lnstspielmotiv, welches seine Wirkung nie verfehlt, den Faden der Intrigue in die Hand eines elf- oder zwölfjährigen Jungen zn legen, der von einer niedlichen Soubrette gespielt wird. Wenn auch manche Unwahr- scheinlichkeiten dabei mit unterlaufe», und wenn das junge Bürschchen auch gegen Vater und Mutter, namentlich aber gegen alle Pedanten und polternde Alte eine Naseweisheit entwickelt, die ihm im gewöhnlichen Leben eine Züchtigung zuziehen würde, so drückt man schon ein Auge zu, wenu man weiß, daß es eigentlich die reizende ist, die sich solchen Muthwillen erlaubt. So hat der
*) Gujzkow's dramatische Werke, 7. Bd. 2. Abthl. Leipzig, Brvckhaus. -I8L2. Grenzboteu. I. 4 8ö2. 46