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Uebcrsetzung dcs Corsaren, mit dem der jugendliche Dichter einst die Herzen der Mitwelt im Sturm eroberte, kann unsren besten Uebersetzungen an die Seite gestellt werden. Dies scheint freilich eine gewagte Behauptung, aber man lese sie und vergleiche — Nef. hat es von Anfang bis zu Ende gethan — das Original. Wer die Schwierigkeiten des englischen Idioms erwägt, die in diesem Gedicht oft durch ein leidenschaftliches Forteilen der Sprache gesteigert werden, dem wird schon das nicht gering erscheinen, daß es der Uebersetzerin gelungen ist, die Verszahl des Originals beizubehalten, was freilich nöthig war, wenn der Charakter nicht leiden sollte. Ucberhaupt ist die Uebersetzung eine streng gewissenhafte, aber so fern von ängstlicher Unfreiheit, daß man sehr oft glauben kann, ein eigenes Gedicht zu lesen. Die verzehrende Gluth, die düstere Melancholie, die zarte Empfindung dcs Byron'schen Gedichts sind in bewunderungswürdigem Grade wiedergegeben. Sprache und Vers sind fließend nnd leicht, und stets angemessen; nur eine kleine üble Angewohnheit bitten wir die Ucbersetzerin abzulegen, im Interesse der späteren Arbeiten, mit denen sie uns hoffentlich beschenken wird, das ist die mitunter harte Apo- strophirung vor einem folgenden Consonanten: z.B. möcht' diese Zeit—hätt' Gleiches müssen tragen — ich möcht' Dich jetzt befrein. Nur an einer im Gänzen so guten Arbeit können diese Unebenheiten auffallen, und nur gegen ernsten Fleiß ist man so unerbittlich. Zum Schluß eine Probe, die Mondnacht in Athen.
Da — von Hymettns bis zum Thal durchzieht Die Königin der Nacht ihr still Gebiet. Kein Nebelduft, Herold des Sturms, umhüllt Ihr schönes Haupt und kränzt ihr Lichtgcbild. Hier grüßt der weißen Säule Capital, Umspielt von Mondschein ihren Silberstrahl, Indeß, vom Zitterlichte rings umsprüht, Am Minaret ihr Sinnbild funkelnd glüht. Olivenhaine, dunkel, weit verbreitet. Wo des Cephisus dürft'ge Welle gleitet, Der Thurm des lachenden KioSk hier glänzend.
Cyprcsscn die Moscheen dort trüb' umkränzend, Und einsam düster in dem heil'gen Ncuim — An Theseus Tempel — jener Palmenbanm — Wer all' dies sieht, verklärt im Zaubcrlicht. Ist fühllos, fesselt es sein Auge uicht. Und wieder AegeuS Meer, so still so weit! ES wiegt die Brust in Ruh von wildem Streit, Entfaltet seiner Wogen Farbcnzicr In sanftem Schmelz von Gold und von Saphir, Beschattet von dcr fernen Inseln Nacht, Die drohend schaun, indeß der Ocean lacht.
Französisches Theater. — Von Georg Sand ist ein neues Stück aufgeführt worden; „I.e marine äe Viotorme", eine Fortsetzung des ältern Drama'S von Sedaine: plülosoxke ssns w ssvoir". — Dcr durch seine Composition der „Wüste" bekannte Fvlicien David ist auf dem dritten lyrischen Theater mit einer neuen Oper ausgetreten: „die Perle von Brasilien". Zora, die Tochter eines brasilianischen Kaziken, ist als Kind von den Portugiesen aufgefunden und in Lissabon aufgezogen. Der Admiral Salvador verliebt sich in sie und nimmt sie auf sein Schiff mit, welches dcr Schauplatz des zweiten Actes ist. Der dritte spielt im Urwald. Die Wilden sind gerade im Begriff, mit den Portugiesen handgemein zu werden; da stiftet Zora durch Reminiscenzen an altbrasilianische Kazikenlieder Frieden. Die Composition soll nach dem Urtheil der Kritiker zeigen, daß das Talent Minen David's vollständig erschöpft ist. — In der Opvra vomique ist eine neue Oper aufgeführt worden: „I.s oKÄteau üe Lgrds-dleue", nach dem bekannten verrückten Noman Eugen Sue'S bearbeitet, aber so, daß die Verrücktheit Desselben noch überboten ist. Der Dichter ist St. Georges, der Compvnist Limnandcr. Weder der Text noch die Composition haben Beifall gefunden.