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sie, wie die meisten Deutschen, in sich tragen, auch einmal gegen sich selbst kehren, und mit aller Kraft in ihrer Seele unterdrücken: die furchtsame Reizbarkeit, welche sie überall Feinde, Gefahren und Hochverrath sehen läßt, und die schwächliche Selbstgefälligkeit, welche jeden Angriff ans sie und ihre Maßregeln als einen Angriff auf den Staat und die bürgerliche Gesellschaft verurtheilt.
Das wäre eine recht segensreiche Wirkung dieses modernen Constablerismus.
WochenV e richt.
Austin, große Oper in 4 Acten von H. Marschner, Text von M. G. W.—Das Werk Marschner's, dessen bevorstehende Aufführung vor längerer Zeit in diesen Blättern angekündigt wurde, ist jetzt vollendet, in diesen Wochen zu Hannover aufgeführt und dort mit Enthusiasmus aufgenommen worden; uoch ist es diesem Blatte nicht möglich, ein eigenes Urtheil über die Musik selbst auszusprecheu; wir freuen uns, aus Privatbriefcn und den Zeitungsrcfcraten zu sehen, daß an der Oper eines der würdigsten Repräsentanten deutscher Musik bis jetzt die jugendlich frischen und kräftigen, sich überall charakteristisch geltend machenden Melodien gerübmt werden, der durchweg noble Styl, Prägnanz und Kürze des Ausdrucks uud die geschmackvolle Gliederung, namentlich der Finale. Nach dem Manuscript des Textes^ welches uns vorliegt, ist der Inhalt folgender:
Austin, ein Krieger im Heere von Franz Phöbus von Bcarn, welcher in Navarra um die Krone seiner Väter mit dem empörten Adel kämpft, schleicht sich bei Nacht zu einem Rendezvous mit seiner Geliebten, Donna Corisande von Mauleon. Romanze Austins. Die Geliebte, überrascht durch seine Ankunft, tadelt, als begeisterte Royalistin, seine Abreise vom Heere des Königs, den sie nicht kennt, an dessen Sache sie aber mit voller Seele hängt; Austin entschuldigt sich mit seiner Liebe. Er ist gezwungen, seinen wahren Namen selbst der Geliebten auf kurze Zeit zu verbergen, sie vertraut ihm. Duett. Beide entfernen sich nach verschiedenen Seiten. Unterdeß ist der Mvrgen angebrochen. Bermudez, Stallmeister des Grafen v. Lerin und sein natürlicher Bruder, erscheint mit glänzendem Gefolge im Schlosse, um der Schwester Cori- sanden'S, der Donna Blcmcci, der. Erbin v. Maulcon, anzuzeigen, daß sein Bruder, der Freund ihres verstorbenen Vaters, in Folge eines Vertrags mit Diesem ihre Hand begehre. Blanca ist durch diese Nachricht erschreckt und vernichtet; ihr Oheim Messire Jsidor erklärt ihr, daß ihr Geschick unwiderruflich bestimmt sei; Bermudez verbirgt nicht fein neidisches und tückisches Gemüth, und Corisande, der stärkere Frauencharakter, ist erschreckt über die Verzweiflung der Schwester. Quartett mit Chor. Blanca spricht darauf gegen die Schwester in einer Cavätine ihre Verzweiflung aus: sie müsse sterben, denn sie liebe einen Andern, den Baron Joan von Andoin. Ihren Kampf zwischen ihrer Liebe und der Furcht vor dem Fluche des todten Vaters beendet Corisande dadurch, daß sie sich selbst zum Opfer aubietet, auf ihre Liebe zu Austin verzichtet (großes Duett und dramatische Scene), und im Finale dem auftretenden Grafen Lerin sich mit den Gütern des Vaters anbietet, weil ihre Schwester
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