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die Wirkung haben, daß wir die Verwaltnngsreform nur langsam, Stück für Stück erhalten, die zuletzt freilich auch das Ganze unsrer Forderungen herbeibringen. Indessen find die Verhandlungen über die Organisationen für den Augenblick überhaupt in den Hintergrund gedrängt worden, seitdem der Septembervertrag vor die letzten Instanzen der Entscheidung, vor die allgemeine Dis- cussion und die Abstimmung in den Kammern gebracht ist.
Ueber die Entstehung des Septembervertrags ist in der Nenen Bremer Zeitung kürzlich ein seltsames Gerücht aufgetaucht, wonach man sie nicht einer streng sachlichen Erwägung des vorigeu Ministeriums, sondern dem persönlichen Groll seines Präsidenten gegen den Fürsten Schwarzenberg zu verdanken habe. Dieser sei in Folge eines geheimen Winks von Hannover gegen Herrn v. Münch- hansen in Dresden schroffer aufgetreten, als Diesem erträglich gewesen; und so hätten die preußischen Lockungen uur allzu geneigtes Ohr bei ihm gefunden. Indessen wird zu dieser Enthüllung wol nicht blos aus zarter Rücksicht ein Zeitpunkt gewählt sein, in dem sich die angegriffene Person außer Landes, ja jenseits der Alpen befindet; ein Zeitpunkt ferner, wo es den Gegnern des Vertrags darauf ankommen mußte, alle ihre Mittel in Bewegung zu setzen, weil die entgiltige Entscheidung bevorstaud. Die zähen Sympathien unsrer Aristokratie für Oestreich sind bekannt: wie sie die Blüthe ihrer Jugend alljährlich zu den Fahnen des Hauses Habsburg seuden, so mochten sie anch den leeren Kassen des Kaiserstaats mit den Ueberschüssen unsres blühenden Landes ein Geschenk machen. Als nun eines ihrer Häupter, der Justizrath von der Decken ans Stade, zum Fiuanzminister berufen ward, wozu ihn seine Fachbildung kaum befähigte, da glaubte man überall, daß diese Ernennung zunächst uichts Anderes, als die Beseitigung des Septembervertrags bedente. Auch hierin jedoch erwies sich das Ministerium besser als seiu Ruf, freier von junkerlichen Vornrtheilen und reiner von Gesinnung, als selbst Wohlwollende ihm Anfangs zutrauten. Den Kammern gegenüber hat es deu Vertrag mit Entschiedenheit ausrecht erhalten, und durch seine Beauftragte» siegreich vertheidige» lassen; bei der Abstimmung haben ihm die Stimmen der Minister nicht gefehlt. Jener Korrespondent der Neuen Bremer Zeitung warf es Herrn v. Schele mürrisch vor, warum er einem so entstandene« Machwerk der subjectivsten Politik das Wort rede; daraus darf man schließen, daß Hos und Adel in dieser Sache keineswegs mit ihrem Führer zusammengehen. Aber die Andeutnng der Redaction des genannten Blattes, daß die beste Erklärung;für Schele'ö Benehmen in der Rede des Fürsten Schwarzenberg bei Eröffnung des Wiener Zollcongresses liege, die den Septembervertrag zu billigen scheint, diese Audeutuug mochte ich durch die ehrenvollere ersetzen, daß Herr v. Schele hier nicht znm ersten Mal eine persönliche Liebhaberei dem erkannten Besten seines Landes nachsetzt.
Im Lande rief der Septembervertrag eben so viel rührigen Widerstand, als Grenzboten. I. -I8L2. 35 .