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das Gesicht des Einen war Borrow voll zugewendet; dieser erkannte sogleich, wem ein solches Gesicht zugehö'ren müsse, nnd berührte den Arm des Vorübergehenden, der nnn mit seinem Gefährten stehen blieb. Borrow sprach ein gewisses Wort ans, welches sie nach einem Ausruf der Ueberraschung in der erwarteten Weise beantworteten. Es waren Zigeuner, Glieder des seltsamen Volkes, das über alle Theile der Erde verbreitet ist, und überall seine ursprünglichen Sitten und seine eigenthümliche Sprache wenigstens znm Theil beibehalten hat. In dieser Sprache fingen sich diese Drei jetzt mit einander zu unterhalten an, nnd kaum hatte sich die Nachricht in der Stadt verbreitet, daß ein Fremder dasei, welcher Rommaney so gnt spreche, wie ein Zigeuner, nnd wol von Errate (Blut) sei, so füllte sich die Straße vor der Posada mit Gitanos jedes Geschlechts und jedes Alters. Zerlumpte, schmuzige Gestalten mit unheimlich lanernden Gesichtern drängten sich um Borrow, bestürmten ihn mit tanseud Frageu, betasteten ihn an Händen, Gesicht und Kleidern, uud gingen endlich wieder nach Hause, iu der festen Ueber- zeuguug, einen ihres Gleichen kennen gelernt zn haben. Die Beiden, welche unser Reisender zuerst angeredet, besuchten ihn des Abends. Sie setzten sich um den Brasero in der Mitte des Zimmers, und fingen an, kleine Papiercigarren zn rauchen. Der Eine war ein ältlicher Mann, groß uud knochig, mit abgemagertem groteskem Gesicht, aber doch eiue echte Zigeunerphysiognomie; er sprach wenig, uud dann meistens in wunderlichen Ausdrucken. Sein Begleiter war kaum dreißig Jahre alt, von mittler Große, aber herkulischen Verhältnissen; zottiges, schwarzes Haar, sast wie die Mähue eines wilden Thieres, fiel über die Stirn und um Backen und Hals herab; das Gesicht war vou Pocken zerrissen, uud seine funkelnden Augen lugten unter buschigen Brauen hervor» Er trug einen ungeheuren Schucmzbart, und große, weiße Zähne blinkten in seinem breiten Munde. Eins zeichnete ihn ganz besonders aus: seiu rechter Arm war verdorrt, und hing im seltsamen Gegensatz zu den eisenharten, kräftigen Mnskeln des linken schlaff uud dünn von der Schnlter herab. Aber trotz seines wilden, fast bestialischen Aussehens war er viel verständiger als der Andere, und gab Borrow alle mögliche Auskunft über die Lage der Zigeuner in Badajoz, die in großer Armuth schmachteten, mit Ausnahme eines Einzigen, welcher sich aber von seinen Stammesgenossen ans das Sorgfältigste fern, hielt, nnd sich dadurch ihren tvdtlichen Haß zugezogen hatte. , Außer diesen Beiden lernte Borrow noch einen dritten Gitano kennen, Namens Antonio, „mit einem Gesicht, so schwarz wie Pfeffer, und Augen voll tückischen Feuers, dem Aeußern nach Zigeuner uud Baudit iu einer Person." Er war erfahrener als die Andern, denn er hatte den Krieg gegen Napoleon mitgemacht, iu welchem er eine Geschichte erlebte, welche die Festigkeit des die Zigeuner aller Länder umschlingenden Bandes zeigt. „In einer großen Schlacht," erzählte er, „entstand große Verwirrung, und beide Parteien kamen unter einander nnd ins Handgemenge; ein französischer Soldat hatte es auf
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