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Kenntniß und Sorglosigkeit der Vorsteher, nnd an Gaunereien der Geschäftsführer und Ageuten.
Um so erfreulicher ist es, daß gegenüber deu zahlreichen fehlgeschlagenen oder schädlichen Projecten ganz in der Stille in Deutschland ein Verein für Kolonisation entstanden ist, der als ein Mnster solcher Unternehmungen betrachtet werdeu kann, und ohne viel Geräusch mit kluger praktischer Berechnung und humaner Nächstenliebe handelt.
Im Anfange des Jahres 1849 erklärte der Prinz Joiuville sich geneigt, einen Theil des Landbesitzes in Brasilien, welchen er als Mitgift seiner Gemahlin erhalten, zur Kolonisation au Deutsche abzutreten. Ein Verein von Kapitalisten uud Geschäftsmännern, an deren Spitze die angesehene und höchst ehrenwerthe Hamburger Firma Chr. Math. Schröder u. Comp. stand, kauften dem Prinzen zunächst 8, dann 12 s^j Lieues Land in der Provinz Santa Katharina, ganz nahe am Meerbusen und der Stadt San Francisco, ab. Der Prinz übernahm es, für den Actienvcrein bedeutende Vergünstigungen: Errichtung einer Zollstätte bei der Stadt San Francisco, Befreiung der Schiffe von Ankergeld, Befreiung vom Zoll für die Habe der Cvlonisten und deren Lebensmittel auf 3 Monat, jede Erleichterung zur Naturalisation der Kolonisten, BefreiNng von di- recten Abgaben für 10 Jahre und vom MilitairdienH auf Lebenszeit, Besoldung zweier deutscher Prediger, Schutz für die freie Neligiousübung der Kolonisten, Zugeständniß freier Mnnicipal-Einrichtungen, Befngniß, die Benutzung von Sclaven zu verbieten, bei der brasilianischen Regierung auf das Angelegentlichste zu unterstützen, und hat die Gewährung derselben erhalten; er lieferte die Zahl des contrahirten Landgebiets ganz in nutzbarem Lande, und machte dagegen die Bedingungen, daß der würdige Senator Schröder, mit welchem er den Contract abgeschlossen hatte, fortdauernd im Directorium des Vereins bleiben müsse, und daß der Verein in bestimmter Zeit eine bestimmte Anzahl von Kolonisten in das verkaufte Landgebiet übersiedeln solle. Der Verein ging mit Eiser an die Ausführung. Senator Schröder sandte zwei seiner Söhne nach einander in das angekaufte Gebiet, welche mit Hilfe eines Ingenieurs das Terrain besichtigten, die ersten Lichtungen anlegten, ein Paar Blockhäuser zur Aufnahme der Colo- nisten uud der Waaren errichteten, Land vermaßen nnd eintheilten, und die ersten Züge dtt Ansiedler in Empfang nahmen. 'Im December 1849 machte der Verein sein Statut bekaunt; im Frühjahr 1830 gingen bereits Familien nach der Kolonie ab; im Jahre 1831 sind 4 Schiffe mit Auswanderern dorthin expedirt worden.
Der Verein verlangt von seinen Kolonisten unbescholtenen Lebenswandel, Zahlung der vollen Ueberfahrt uud 20 Thäler als Subsisteuzmittel für deu Kops; er hat ihnen bis jetzt den preußischen Morgen zum Preise vou zwei Thaler verkaust. Die Transportkosten vom Bahnhofe in Hamburg bis in die Colouie betragen für Zwischendeckpassagiere mit Einrechnung der Nebenkosten gegenwärtig 33 Thaler.