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unsres kleinen Staats in diesen wüsten Tagen der NcchtSbrüche und Meineide, und möge es auch ferner bleiben, nachdem die Reaction endlich gesiegt hat.
In dem Charakter des eben verstorbenen Monarchen lag freilich eine große Bürgschaft gegen jedes plötzliche Umspringen in den Grundsätzen, gegen jede leichtsinnige Behandlung in den rechtlichen Verhältnissen des Staats. Jetzt, da er uns entrissen ist, darf jeder Hannoveraner von ihm sagen: er war ein Mann. Wol hat er schwer gesündigt gegen unser gutes Recht, und Nichts kaun uns zwingen, die traurigen und nicht wieder gut zu machenden Folgen seiner ersten Handlungen auf unsrem Boden zu vergessen. Aber nach und nach lernte er sein Volk kennen, lernte, daß es leicht sei, ihm. wohlzuthun, lernte großer denken von den Beherrschten. Und nun entschloß er sich ohne Prunk und viel Redens, die Wunden zu heilen, welche er als englischer Tory unbedachtsam selbst geschlagen. Seitdem ist seine Regierung eine Reihe scgenbringcnder Handlungen gewesen, durch die er mit langsamer Sicherheit die stockenden Gewässer unsres Staats in raschere und lebendigere Bewegung versetzte. Niemals außer ihm ist wol ein Fürst, dessen Ansänge zu den schlimmsten Erwartungen berechtigten, nach seinem Hingang so allgemein betrauert worden. Zu den harten Urtheilen, mit denen die englischen Blätter fa/t ohne Ausnahme feine Todesnachricht begleiteten, bildete die Stimmung seiner Unterthanen den vollständigsten Gegensatz. Das ist ein deutlicher Beweis für den gänzlichen Umschwnng, den das Wesen dieses merkwürdigen Fürsten nach seiner Thronbesteigung unter deutschen Umgebungen erlitten hat. Wir Hannoveraner wenigstens lassen uns das Wort der Times gern gefallen: von allen Söhnen Georg's III. sei Ernst August allein kein Engländer, sondern ein echter Deutscher gewesen.
Das politische Leben in unsrem Land steckt allerdings noch in der Kindheit: aber wir haben Grund zu der Hoffnung, daß es stetig wachsen und eine besonders gesunde Entwickelung uehmcn werde. Auf unsre vortheilhaste Lage vom Harz bis zur Nordsee und zwischen dreien ihrer bedeutendsten Zuflüsse, auf den tüchtigen Verstand und den besonnenen Frciheitssinn des niedersächsisehen Stammes, auf einen günstig gestellten und mächtig zusammenhangenden Grundbesitz, auf die außerordentliche Wohlhabenheit unsrer Bevölkerung gründet sich diese Hoffnung. Mit dem altdtmokratischen Blut der Friesen werden zähere Anhänger des Alten in den südlichen Landschaften zu gegenseitigem Vortheil zusammentreffen und sich wechsclswcise bestimmen. In einer guten Zahl mäßig großer Städte ist das bürgerliche Bewußtsein noch ans alter reichsfreier oder bischöflicher Zeit her lebendig, und wendet sich mit seiner Theilnahme allmählich den größeren Bewegungen des StaatSlcbcnS zu. Und daß cö uns auch an weiteren Aussichten und Zielen unsres politischen Stre- bcns nicht fehle: so haben wir einerseits die deutsche Frage, brennend und unerledigt wie immer, uns so wichtig wie jedem andern Staat; und auf der andern Seite die Macht zvr See, welche wir der Zukunft so gewiß abringen werden, wie wir sie einst in stolzer Fülle besessen haben.
Auch von unsren Parteien sind eigentlich nnr erst Anfänge da, keineswegs cine fertige Gliederung und herkömmliche Scheidung. Keine darf behaupten, mit ihrem . Dasein als solche über dcu März hinaus in die Vergangenheit zurückzureichen. Nach dem Vorgang des übrigen Deutschlands tauchten auch bei uus damals die verschiedenen Nuancen des Liberalismus auf, welche eine rücksichtslose Reaction jetzt wieder in cine einzige Masse der Opposition zusammenzudrängen scheint. Wie dgnn die Reaction in Prcußcn das Haupt immer hoher erhob, besannen sich auch unsre Junker wieder aus