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Ein Blick auf Schleswig-Holstein.
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unser Kaiser befiehlt; wollt' der Prenß im letzten Winter erst nicht haben, daß das Bataillon Erzherzog Albrecht dnrch Magdeburg, was eine große Festung von ihm ist, marschiren sollte, sagt aber nnser Kaiser, ,,ich will, daß mein Bataillon dnrch Magdeburg marschir," und richtig ist es marschirt da dnrch."

Wahrlich, nicht so stolz, nicht so im ftendigen Siegcsgefühl gehen die vielen entlassenen Ofsiciere und Soldaten der aufgelösten schleswig - holsteinischen Armee umher, die man hier überall zerstreut findet. Ein hartes Loos ist den meisten dersel­ben geworden, bitter müssen sie es empfinden, entlassene Soldaten eines besiegten Heeres zu sein. Die Mehrzahl lebt in sehr kümmerlichen Verhältnissen. Manche suchen sich als Lehrer in Sprachen, Mathematik, Schreiben und Rechnen noth- durstig ihren Lebensunterhalt zu erwerben, oder haben Stellen als Aufseher bei Arbeiten, in Fabriken u. s. w. angenommen; andere, denen die Kenntnisse oder die Gelegenheit fehlte, haben sich in.kleinen Wohnungen kärglich eingerichtet und leben oft mit Familie von den 1012 Thalern, welche sie monatlich von den aus milden Gaben zusammengebrachten Geldern des Unterstützungscomite in Hamburg erhalten. Ich horte von der Gattin eines tüchtigen HauptmanuS, der bei Kolding, Jdstedt und Friederichsstadt an der Spitze seiner Compagnie gestan­den hatte, daß uur des Sonntags ein kleines Stück Fleisch aus ihren Tisch komme, sie sich sonst aber mit ihrer Familie nur vou Milch, Grütze und Brod ernähren. Viele dieser armen Ofsiciere und Soldaten leiden dazn noch an den schmerzlichen Folgen der im Felde erhaltenen Wunden oder an Gicht und Rheu­matismus, Nachwehen des anhaltenden Bivouakirens, wozu der größte Theil des Heeres im letzten Winterfeldzug genöthigt war. Man wird in Hamburg, Mona und überall in Holstein eine Menge armer Halb- oder Ganzinvaliden treffen, die oft in abgeschabter Kleidnng mühsam an einem Stocke umher wandern, und einem Leben voll Schmerz nnd Entbehrungen entgegensehen. Kein Invaliden- Hans nimmt sie auf, sie können kaum betteln gehen oder hinter einer Ecke vor Hunger sterben; waren sie doch die letzten Soldaten, die sür die ideale Größe Deutschland im offenen Felde zn kämpfen wagten.Und doch auch meinim an­dern Arm gebe ich mit Freuden hin, könnte ich noch einmal wieder so recht gegen die Däuen fechten," sagte mir ein .kranker Osficier, dem ein Arm durch eine dänische Kugel für immer gelähmt ist.

In Rendsburg selbst herrscht ein reges militärisches Leben. Zwei Bataillone des ungarischen Regiments'Schwarzenberg und' eben so viel Truppen des preu­ßischen 8ten und Listen Regiments bilden die Besatzung des Ortes. Unter den Ungarn sind viele ehemalige Honveds, feste, tüchtige Soldaten mit wilden, krie­gerischen Gesichtern, denen man es zum Theil noch ansieht, daß nur der Zwang sie in die kaiserliche Uniform fesselt, und sie alles Andere viel lieber thäten, als hier oben in Rendsburg Posten zn stehen. Eben so unbehaglich, wenn anch aus einem andern Grnnde, fühlen sich die preußischen Soldaten, und noch mehr die