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Ein deutscher Gelehrter als Farmer in Texas. 2.
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KV

bei Nacht unterhielten mich die Vögel. Während der Winterzeit halten sich in dem milden Klima von Texas viele Zug- und' Strichvögel ans, namentlich viele Schnepfen, und in ungeheurer Menge mehrere Drosselarten von graller oder schwarzer Farbe, von deuen einige ziemlich die Größe von Tanben erreichen. Sie umschwärmen zu dieser Zeit die Farmen, und helfen, ähnlich wie bei lins die Sperlinge, die in dieseu Gegenden nicht angetroffen werden, den Hühnern das vorgeworfene Fnt- ter verzehren. Turteltauben sitzen ans den Bänmen, nnd lassen ihre angenehme me­lancholische Stimme hören, während der Mockingbird oder Spottvogel durch die mannich saltigsten Gesänge in den verschiedensten Tonarten das Ohr entzückt; von der schlanken Form unsrer Bachstelzen, wiegt er sich auf den höchsten Zwei­gen der Bäume, und tänscht den srisch angekommenen Deutschen, der bisweilen eine Nachtigall, bisweilen einen Canarienvvgel, bisweilen einen Finken zu höreu glaubt, und wenn er den Sänger erspäht hat, stets findet, daß diese mannichfalti- gen Töne aus derselbeu Kehle,hervorströmen. Ju sofern ist er ein Spottvogel, als er den unerfahrenen Deutschen narrt; keineswegs aber hat er seinen Na­men, wie sogar große Naturforscher mit Unrecht behaupten, daher, daß er durch Nachahmung des Gesanges der Nachtigall nnd anderer Singvögel diese verspotte; denn wenn er einen Gesang nachahmen wollle, so müßte er den Gesang dieser Vögel vorher gehört haben; wie sollte er ihn aber hören, da diese Sänger in Texas gar nicht vorkommen? Und wenn beim Untergange der Sonne der Mockingbird schweigt, da läßt der Whivpvwil seinen eintönigen Nnf bis tief in die Nacht hinein hören, und verkündet dnrch denselben Ruf den Sonnenaufgang. Alles ist Leben in der Natnr, aber der Mensch, gewöhnt an den Umgang mit seines Gleichen, fühlt sich einsam, lind findet nnr selten im Umgange mit der Natnr das, was er sucht.

Bisweilen wurde die Ruhe meiner Nächte dnrch kleine Abenteuer mit den Feinden der Hühnerställe und Kvrnhänser unterbrochen. Als solche Feinde sind die Stinkthiere, die Opossum, die Waschbäre und die Eierschlangen zn nennen. Die Stinkthiere gehen eigentlich nnr des Nachts ans Raub aus, hingegen spioniren sie auch wol bisweilen am Tage ans den Farmen umher, greisen aber zu diesen Zeiten weder an, noch fliehen sie, wenn sie selbst cmgegrisfen werden, so daß sie zu gleicher Zeit eine merkwürdige Mischling von Feigheit und Unverschämtheit an den Tag legen. Sobald die Hühner bei Hellem Tageslichte ein solches Thier gewahr werden, schaaren sie sich um dasselbe herum lind gackern; das Stinkthier tritt langsam den Rückzug an, hebt dabei den buschigen, dunkelbraun und weiß gestreiften Schwauz senkrecht in die Höhe, und hält sich bereit, dem Erstell, welcher es angreifen sollte, eine Ladung von jener Flüssigkeit entgegenzusetzen, die von Menschen.und Thieren in gleicher Weise gefürchtet wird. Einst wurde ich uuter der Galerie dnrch das Geschrei der Hühner im Hühnerhause aufgeschreckt; augen­blicklich sprang ich auf, und eilte mit eiuer Hacke bewaffnet dem Hanse zu; zu glei-