Beitrag 
Der verstorbene Vladyka von Montenegro.
Seite
48
Einzelbild herunterladen
 

48

interessante politische Erscheinung, daß eine getreue Darstellung seiner Bildungs­geschichte und seines Geisteslebens schon dadurch gerechtfertigt wäre; sie wird aber noch bedeutsamer durch den Umstand, daß sich in ihm der geistige Kampf des Slaventhnms mit den Cultnrelementen des Westens an einer hochbegabten Per- - sönlichkeit darstellt, die, begeistert für die geistigen Errungenschaften der heutigen Menschheit, dieselben in sich aufzunehmen versuchte, ohne dabei das Wesen seines eigenen Volkes irgendwie zn verläugnen.

Es ist ein eigenthümliches Geschick um uns Slaven! Wir Einzelne, denen es vergöuut war, an den Quellen westlicher Wissenschaft zu schöpfen, befreunden uns, zu den Unsrigen heimgekehrt, nnr schwer mit dem rauhen aber markigen Wesen unsres Volkes. So lange wir jung sind, ist es uns schwer, den Maßstab, den uns die Frende an die Hand gegeben, auf die Heimath uicht auzuweuden, -wenn wir es gleich au unsrem eigenen Innern erprobt haben, daß er für unser Wesen nicht ganz passe. Die rauhe Außenseite des Volkes fühlt sich schwer an, wenn man sich gewöhnt hat, über die glatten Linien der Kreise, iuuerhalb deren man sich im fernen Westen bewegte, leicht und widerstandlos hiuwegzugleiten; das heimathliche Leben, dessen Poesie auch der flüchtige Fremde erkannte und wür­digte, scheint uns so poesielos, daß wir nns Jahre lang nach den Auditorien der Universität und den ehrwürdig bestaubten Bücherschränken der Bibliotheken sehnen, in deuen wir so manches Jahr verträumt hatten, nach den Kreisen von Gelehrten, Künstlern und Virtuosen, in welchen mitzureden uns Stolz und Freude war. Aber wir werden älter das, wonach wir uns gesehnt, wird znr Erinnerung wir werden ins bunte Getriebe des heimathlichen Lebens hineingezogen, dadurch mit dem eigenen Volke vertrauter: wir versöhnen uns mit der Heimath. Es giebt keinen Serben, dem das WortWostok", der Osten, nicht die zarteste Saite des Herzens berührte; der Osten, in den sich so mancher occidentalische Poet durch Reflexion verliebte, ist unsre Heimath; das Wort ist bei uns kein unbe­stimmter Begriff unser Osten reicht uicht über die slavische Heimath hinaus er ist identisch mit unsrem Vaterlande, in welchem jeder rechtgläubige Serbe natürlich auch (^Ig-rad Euer Koustautinopel mit einschließt. 'Doch zur Sache.

Wladyka Petar hatte erst sein neunzehntes Jahr vollendet, als ihn im Jahre 1830 der Tod seiues Oheims, des Vladhka Petar I., zum Obersten, Priester und Herrscher der Zrnagora berief. Der ^Jüngling hatte sich zu dieser Rolle nicht vorbereitet; er war noch uicht einmal zum Priester geweiht dies geschah erst nach Verlauf von drei Jahren zu St. Petersburg, wo er seine Er­ziehung erhalten hatte. Nachdem er die Regierung übernommen, sing er an seinen Wünschen zn leben; da in der Zrnagora nicht eben viel regiert werden kann, hatte er Mnße genng, seinem WissenSdrange zn folgen. Die russische Literatur ist bekauutlich sehr reich an mitunter guten Elementarwerken über