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Zum neuen Jahr.
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Umständen gerade geeignet, diese Partei entschlossen, verzweifelt und gefährlich ,-n machen. Sie hat vielmehr ihre Bedeutung deshalb verloren, weil die dama­ligen plötzlichen Gelüste aus der Masse des Volkes geschwunden sind, wie eine ansteckende Krankheit verschwindet. Wer sich gegenwärtig in Deutschland noch Demokrat nennt, ist entweder ein Opfer der vergangenen Emotionen, und solcher Unglücklichen giebt es in allen Gegenden einzelne, sür das Staatsleben sind sie nicht mehr gefährlich; oder es sind Ehrenmänner, welche ans Stolz den Namen und die Fahne, unter welcher sie gefochten, nicht ablegen wollen, die aber durch die Erfahrungen der letzten Jahre kühler und mäßiger geworden sind, und deren Ueber­zeugungen in der Hauptsache von denen derliberalen" Partei nicht mehr wesentlich verschieden sind. Es ist kaum anzunehmen, daß von diesen Männern, so weit sie dnrch frühere politische Thätigkeit bekannt sind, noch Viele bei Gestaltung unsrer Zukunft eine Rolle spielen werden.

Drittens haben wir ans Frankreich sehen können, daß unsre Zukunft von den Stimmungen der großeu Anzahl von Bürgern abhäugt, welche in Deutschland unter dem Namen: der dritte Stand ziemlich ungenau zusammengefaßt werden. Alle unsre Klagen über die Reactionen im deutschen Staatsleben sind eigentlich nur Klagen über die Schwäche, Indifferenz und Gleichgiltigkeit des BürgerthumS. Sobald die Zeit kommt, wo ein entschiedenes politisches Wollen, ja mich nur eine große und allgemeine Unzufriedenheit mit einzelnen Richtungen der Executive sich in diesem Theil des Volkes verbreitet, werden die Negierungen in den Stand gesetzt sein, statt der Hausiuteressen der Regentenfamilien die Interessen des Staa^ tes zu vertreten; erst dann wird eine parlamentarische Regierung möglich nnd nothwendig werden.

Man nennt jetzt gern die Völker schwach und die Negierungen stark. Es wäre ein Glück sür nus Alle, wenn die Negiernngen stärker wärcu. Stark kann ein Regiment nur sein, wenn das Volk selbst stark, voll von Selbstgefühl nnd politischem Willen ist. Dies ist leider bei nns nicht der Fall, und sämmtliche grv- ' ßcre deutsche Regierungen, so wie die östreichische, leiden an einer Schwäche und Unsicherheit, welche in genauem Verhältniß steht zu der Schwäche des Volkes. Einzelne Demokraten einsperren, Zeitungen verbieten nnd Soldaten exerciren lassen, ist kein Zeichen der Stärke. Wol aber ist das Mißtraueu gegen Alle, welche nicht persönliche Anhänglichkeit an die Negierenden in den bestimmten con- ventioncllen Formen an den Tag zu legen beflissen sind, ein Zeichen der Schwäche; wol ist die Reizbarkeit und Empfindlichkeit, mit welcher jede öffentliche Aeuße­rung, entgegengesetzter Meinungen ausgenommen wird, Zeichen der Schwäche. Regie­rungen, die in jeder entgegenstehenden Ueberzeugung einen persönlichen Angriff aus die Existenz des Negeuten, auf Krone uud Vaterland erblicken, und durch Beschränkungen der parlamentarischen Wirksamkeit, ja durch offene verfassungswi­drige Willkürhandlnngen sich gegen mögliche Siege der Opposition in den Kam-