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Preußen und der Bundesstaat.
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viel anderer Staat, als der barbarische Gegner und Bundesgenosse Friedrichs des Großen. Schon hat es den Ländcrcomplex, welchen wir Deutschland nennen, von drei Seiten umschlossen, im Süden reicht sein Arm fast bis an das adriatische Meer und die Ionischen Inseln, im Norden über Dänemark bis an das Fahr­wasser zwischen Föhr und Helgoland. Einem solchen Nachbar gegenüber,'furchtbar durch seine Größe und fein Princip, erscheint Preußen überall gehemmt, denn es hat keine Bundesgenossen. Die gegenwärtige Regierung von Oestreich ist es lange noch nicht, das zerrüttete Frankreich hat dem Auslande gegenüber gar keine na­tionale Politik, und hätte es eine, sie würde schwerlich mit Prenßen Hand in Hand gehe»; Eugland aber, der zukünftige Verbündete der Union, kann trotz seiner Riesenkraft zur See bei einem Kampf zwischen Preußen und Rußland, den Ruin des ganzen östlichen Preußens, welches sich halbmondförmig in ungeheurem Bo­gen den russischen Landherrn öffnet, nicht verhindern. Nirgend in Europa hat Preußeu jetzt einen starken Verbündeten, wohl aber Gegner von allen Seiten. Ein Krieg mit Nußland wäre in den Jahren 1848 und 49 für Preußen noch größere Tollkühnheit gewesen, als er in diesem Jahre sein würde; man muß sich das klar ma­cheu, um manches Zandern und Schwanken der preußischen Politik nicht mißzuverstchn. Wer einem Andern widersteht, muß wissen, wie weit er gehn kann. Nnn lebt allerdings im preußischen Volk viel kriegerischer Sinn und ein lebhaftes Gefühl für die Ehre des preußischen Namens und allerdings gibt es Rußland gegenüber einen Puukt, wo auch die jetzige preußische Regierung alles Andere hintansetzen nnd für ihre Ehre das Schwert ziehn würde, aber ein solcher Kampf wäre für Preu­ßen jedenfalls eine Todesgefahr. Nun hat es zwar den Anschein, als ob es die Bestimmung Prenßens sei, grade nur durch solche tödtliche Gefahren, welche seine ganze politische Existenz in Frage stellen, zu neucu Entwickelungen seines Lebens zu kommen; aber trvh allen Umständen wäre für die Existenz eines deutschen Föderativstaates ein solcher Völkerkampf grade so verderblich, als für den Wohl­stand und die bürgerliche Freiheit der deutschen Volker. Und so'ist die preu­ßische Regierung unserer Partei gegenüber in der schwierigen Lage, daß sie in Dänemark, wo wir energische Maßregeln fordern, böse Rücksichten nehmen mnß, deren Grnnd nicht in den Zeitungen zu finden ist; daß sie die alten Verhältnisse des Bundes nnd die Beziehungen zur östreichischen Regierung mehr schonen nnd pflegen muß, als vorläufig für die Freiheit der neuen Union gut ist, denn Oest­reich mnß seinen staatlichen Interessen nach allerdings bei gesundem Körper der Aliirte gegen Rußland sowohl, als gegen Frankreich sein, und es ist kein geringes Zeichen von der Verwirrung der österreichischen Verhältnisse, daß seine Negierung in eine so gereizte Stimmung gegen die englische gekommen ist.

Von solchem Standpunkte aus war das Interim zn beurtheilen, es ging hervor aus dem Gefühl des Königs von Preußen und seiner Rathgeber, daß mäch­tige Interessen Prenßen mit Oestreich verbinden, .nnd daß Prenßen nach der