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Die strenge Sonntagsfeier in Preußen.
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Die strenge Sonntagsfeier in Preußen.

Die preußische Negierung beabsichtigt weuu mau dem Geflüster der Federu glaubcu darf, welche für sie schreiben durch eiue streuge Sonutags- feier ihr Volk zu bessern. Die Trompete des Pvstillous soll am Souutag schweigen, die Locomotive soll uuter ihrem Schirmdach abkühleu, der Telegraph soll aufhören, die Arme geschäftig geu Himmel zu strecken; kein Brief wird be­fördert, kein Reisender fortgeschafft werden; in Nnhe und frommer Betrachtung wird Stadt uud Laud liege» uud deu Tag deö Herru durch Werkeltagsgeräusch uicht cutweiheu. Gute, väterliche Ncgieruug!

Wohl ist es etwas Großes um eiue würdige Souutagsfeier! Wer iu Stadt uud Dorf das geschäftige Lcbeu der Haudwerköstubeu und Baueruhöfe bettachtet hat, weiß, was der Sonntag bedeutet. Weuu die sechs Arbeitstage vorhaudeu siud, dem kleiueu Mauu praktische Tüchtigkeit uud sciu Brod zu verschaffeu, so ist der Souutag eingesetzt, seiner Seele Nahrung zu geben, ihn zu criuueru, daß sein Herrgott lebt, daß die Natur schöu ist, daß es Meuscheu gibt, die er liebt uud die ihu liebeu, daß es gute Bücher gibt, fröhliche Geselligkeit, Freude, Lacheu uud Geuuß. Jedem thätigeu Landwirth ist der feierliche Tag mit seinem Glocken­geläut, der Nnhe im Hof uud Acker so viel werth, als die sechs Arbeitstage vor­her, deuu er weiht ihm die gauze nächste Woche. Seine Gespanne ruheu aus, behaglich stampfeu die Pferde im Stalle uud kuusperu am Heu vornehm uud wählerisch, ihre aufgetriebeueu Muskeln und geschwolleueu Adern glätten sich, und das müde Fleisch quillt wieder kräftig auf uuter dem gläuzeudcu Haar; auch der Zugochs liegt wiederkäuend wie ein vornehmer Herr ans seiner Dormeuse von Stroh und brüllt deu eiutreteudeu Wirth wohlwollend an, als wollte er sagen:Gnten Mnth, Gevatter, sein wir nur gemüthlich, alles Uebrige werde ich euch schou besorgen." Uud das Hofgesinde! Sechs Tage sind sie ernst an einander vorbeigegangen, kurze Worte, ein trockner Scherz war ihre Rede; heut am Sonntag sind sie uicht dieselben Menschen. Zuerst der reine Hemdöärmel! (5ine Welt von Selbstgefühl liegt in der weißen, dicken, aufgeblähten Leiuwaud, welche den muskulöseu Arm des Großkuechts umschließt. Mit ungeheurem Be- hageu sieht er auf die reinliche Farbe, während er pfeift, die blaue Tuchjacke säubert uud den Kupferbeschlag seines Pfeifenkopfs von Maserholz polirt. Durch die gauze Woche hat die Magd sich auf die Stuude gefreut, wo sie sich hübsch macheu uud das ueue Mieder aulegeu wird, hellt steht sie glücklich vor der Thür des Gesiudehauses uud legt coquettireud die Häude übereiuaudcr, mit geöffnetem Ohr die bewnndernden Worte deö PsifficnS, des kleinen Pferdejuugeu, auhöreud, der durchBelhulichkcit" zu erscheu sucht, was ihm au Naug uud Würde ab-