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als Warumlgsstimmcn gelten. Dennoch werden wir gegen die abstracte Gruud- anschanung vom Staat, von welcher Humboldt ausgeht, vom Standpunkt der Theorie uicht weiliger polemisireu müssen als gegen das wüste Durcheinander oon Vorstelluugen und Remilliseeuzen, ans welche Herr von Ger lach seine Krenzpre- digten gründet, wenn auch unsere Sympathien ausschließlich der ersten angehören.
Die „Ideen" sind aus dem Jahre 1792, und hatten ursprünglich eiuen bestimmten polemischem Zweck. Sie waren an den Coadjntor v. Dalberg gerichtet, und sollten denselben von den Nachtheilen der Vielregicrerei überzeugen. Dalberg hat in einer anonymen Schrift: „Von den wahren Grenzen der Wirksamkeit des Staats in Beziehung ans seine Mitglieder" darauf geantwortet. Die Ideen selbst sind nur fragmentarisch veröffentlicht worden; die Herausgabe des Gauzen, auf welche Humboldt aufaugs im Vereiu mit Schiller sehr eifrig hinarbeitete, unterblieb, weil er sich bald überzengte, daß an der Ausführung uoch Vieles mangelhaft sei. Von der sorgfältigeren Durcharbeitung entfernten ihn aber seine audcrweitigeu Stndicu. Das Buch erscheint jetzt, durch die Sorgfalt des Herausgebers, I)r. Eduard Eauer, iu seiner ursprünglichen Gestalt und bildet eitlen wichtigen Beitrag zur Charakteristik des auSgezeichueteu Mauues, den wir in seiner politischen wie in seiner gelehrten Wirksamkeit gleichmäßig schätzen müssen.
Die Schrift geht aus voll der „Natur" des eiuzelueu Meuscheu uud seiuer „Bestimmung" — einer damals sehr geläufigen Frage. Sie findet den wahren Zweck des Menschen in der höchsten lind proportiouirlichsten Bildung seiner Kräfte zu eiuem Ganzen, und die nothwendigen Bedingungen zur Erreichung derselbeu in der Freiheit des Handelns uud der Mauuigfaltigkeit der Sitnatiouen. Von diesem Grundsatz ausgehend, verwirft sie die Sorgfalt des Staats für das positive Wohl der Bürger als schädlich: deuu dieselbe briuge Einförungkeit hervor, schwäche die Kraft, störe die Nückwirkuug der äußeru Verhältnisse aus den Charakter der Menschen, und hindere, weil sie auf eiue gemischte Menge gerichtet sein müsse, die Entwickelung der Individualität uud Eigeilthünllichkeit. Die Sorgfalt für das positive Wohl werde zweckmäßiger durch freiwillige gemeinschaftliche Veranstaltungen der Bürger ausgeübt. Dagegeu sei die Sorgfalt des Staats für das negative Wohl der Bürger, für ihre Sicherheit, nothwendig, uud mache den eigentlichen Endzwcck desselben aus. Sehr scharf uud gründlich wird der Satz ausgeführt, daß Alles, was die Neligiou betrifft, außerhalb der Grenzen der Wirksamkeit des Staats liege, und daß der Gottesdienst eine, ohne alle Aufsicht des Staats zu lasseude Entrichtung der Gemeinen sein müsse; daß ferner der Staat sich schlechterdings alles Bestrebens, direct oder indirect auf die Sitten und den Charakter der Natiou auders zu wirken, als insofern dies als eine natürliche, von selbst entstehende Folge seiner übrigen schlechterdings erforderlichen Maßregeln sei, gänzlich enthalten müsse. Dieses theoretische Ideal des Staats soll übrigens keineswegs unmittelbare Wirklichkeit werden, vielmehr wird als leitender Grundsatz aller Nefor-