Beitrag 
Literaturblatt.
Seite
838
Einzelbild herunterladen
 

838

Gewinn. Frühere ähnliche Versuche: die Berliner literarische Zeitung, Gersdorf's Re- pertorium u. s. w. sind an Cliquenwesen, Seichtheit uud mangelhafter Disposition des Materials verkümmert, hier aber zeigt sich einmal die größte bibliographische Gewissen­haftigkeit und liberale mannhafte Gelehrsamkeit im Bunde, uud deshalb ist gegründete Hoffnung, daß wir endlich eine Literaturzeitung erhalten werden, welche zu halten weiß, was sie verspricht:won Woche zu Woche ein vollständiges gegliedertes Bild von dem wissenschaftlichen Fortleben des deutschen Volkes zu geben."

Jede Nummer (1 2 Bogen in hohem Qnart) ist nach den Wissenschaften geordnet, die fromme Theologie eröffnet deu Zug der neuen Ankömmlinge in der Bücherwelt, die leichtsinnige Schöne: Poesie und der gefällige Kommissionär,Allerlei" oderVermischtes" schließen die lange Reihe. Wie viel wird doch wöchentlich in Deutschland gedruckt! und wie viel Unnützes, Schlechtes, Verschrobenes! freilich bringt uns auch jede Woche ein und das andere Buch, aus dem wir merken, daß es doch etwas Großes um den deut­schen Geist ist.

Wohl ist die Zeit nicht günstig für ein solches literarisches Unternehmen, auch das Bild, welches uuscre Literatur gegegenwärtig darstellt, ist im Ganzen kein erfreuliches. Trotzdem hoffen wir, daß die Zahl der Besonnenen nicht gering sein wird, welche selbst jetzt empfinden, daß dies Werk ihnen Bedürfniß ist, Der Gymnasiallehrer, der gebildete Beamte, der Arzt, der Theologe in der Provinz, sie alle finden hier Gelegenheit, in den wenigen Stunden ihrer Muße zu erfahrcu, was die Literatur ihrer Wissenschaft und der übrigen Disciplinen menschlicher Bildung für Fortschritte macht. Wer nur überhaupt Bücher liest und zuweilen kauft, der erfährt, was ihm Interesse und Nutzen zu bringen geeignet ist. Und so sei ein gutes Unternehmen ehrerbietig den Göttern unserer Zukunft und an- ' gelegentlich den Lesern der Grenzboten empfohlen.

Neuigkeiten des französischen Theaters.

Die Wuuder des LiiM6 national scheinen in dieser Saison den Gaumen der Pariser so abgestumpft zu haben, daß sie für die minder aufregenden Vergnüguugeu des Theaters keinen rechten Sinn mehr behalten. Wie soll man es auch ansangen, sich für die kleinen Intriguen der Bühne zu interessiren, wenn man heute Herrn Poitevin zusieht, wie er uuter dem Nacheu seines Luftballons ein Pferd oder einen Esel befestigt, und auf demselben, hoch in den Lüften, entweder allein oder mit seiner Frau seiue halsbrechendcn Kunststücke macht? Wenn den andern Tag ein Haufe Beduinen auf Straußeu iu gestrecktem Galopp dahiujagen, von andern Beduinen zu Pferde verfolgt werden, endlich ins Handgemenge gerathen! Und was dergleichen mehr ist.

Von den neuen Stücken hatim Il^atiesianoaisu.a. Hn mariage sous la regsnoo von Leon Guillard einigen Beifall erhalten. Ein Thema, welches von Scribe, A. Dumas (z. B. iu seinen veinoisellss äs 8t. (^r) und ihren Nachahmern schon mit großer Vir­tuosität ausgeführt ist. Die Helden sind die Herzogin von Berry und der Herzog von Lauzun. Im ersten Act werden zwischen ihnen beständig Ringe, Amulette, Blumen und ähnliche symbolische Galanterien gewechselt, Lauzun gibt einem Nebenbuhler, der die Herzogin schon lange verehrt, einen Degenstich, und hat zugleich eine Intrigue mit einem Ehrenfränlein Beatrix. Letztere geräth in Verdacht, als Lauzun gerade von der