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Kleine Correspondenzen.
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nicht länger fortführte, als bis er mit dem höchsten Militärgericht, mit dem General- auditorat, in einen rasch gegen ihn entschiedenen Conflict kam, und daß ihn dann der Aerger nud Gram über den Mißbrauch, den man mit seiner bis dabin unversehrten Kriegsmanns­ehre getrieben hatte, wirklich auf das Krankenlager warf.

Der Kriegszustand unter dem Oberbefehlshaber Bauer scheiterte an dem Widerspruch des Gcneralauditorats, das sich freilich leider auf eine kräftige Negative beschränkte; der seines Nachfolgers, des Gencrnllieutenants v. Haynau, fiel in das Nichts zusammen vor der bekannten Gesammterklärung des Ofsiciercorps. Niemand, der die lustige Per­son unsers Kriegszustandes kennt, wird uns zumuthen, dem Vater Haynau ernsthaft böse Worte nachzuschicken. Während er bei Trommelschlag die geschärfte Erneuerung des zum Spott gewordenen Kriegszustandes auf den öffentlichen Plätzen verlesen ließ und in einer kindischen Proclcnnation unter Anrufung Gottes und des Kurfürsten den erstaunten Leser in sein eben verlassenesStillleben" verwunderte Blicke thun ließ, glaubte man in der Stadt allgemein, das Obermedicinalcollegium werde ihm ein Attest wegen unverant­wortlicher Geistesbeschaffenheit ausstellen. Es ist bekannt genug geworden, wie er neben dem sonderbaren Wechsel seiner äußern Stellung, die ihn von einem heftigen Opponen­ten gegen die kurfürstlichen Absichten auf speciell kurfürstliche Säle in den Eisenbahn­stationsgebäuden durch die Feldwebelblouse eines Altschutzwachmannes hindurch in die Bcttevucschloßsäle mit unumschränkter Machtvollkommenheit, aber immer unter der pa­triarchalischen Obervormundschaft seines alten Dieners Adam, führte, auch eine innerlich reiche Entwicklung durch Verkehr mit Engeln, Studien über das Todtenreich und die in der Entsittlichung des Menschengeschlechts beruhenden Ursachen der Kartoffelfäulniß gehabt hat. Freilich hat dies Alles unsere Ossiciere mit ihrem gesunden Menschenverstand und ihrer tüchtigen Bildung nicht vor der bekannten brutalen Ansprache vor der Front und vor jenen derben Tactlosigkeiten bewahrt, die auch die, Herren in Wilhelmsbad bewogen, deu militärischen Koryphäen des Kriegszustandes mit Schcltworten statt mit einem Lorbeerkranze zu empfangen.

Den Koryphäen in der Civilpartei, den Ministerialreferenten Vilmar, haben wir absichtlich in den seitherigen Notizen außer Acht gelassen. Wir thäten dem Manne und seinemhessischen Volksfrennd" Unrecht, wollten wir ihm nicht ein abgesondertes Plätzchen gönnen, in dem er dem Vergleich mit den Gesinnungsgenossen entrückt ist.

Aus Pest h.

Den 9. November 1850.

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Der Charakter unsers jugendlichen Monarchen ist noch ziemlich unbekannt, und es ist eine erstaunliche Thatsache, daß die Fama, welche sich so gern mit den geistigen Fähigkeiten und Anlagen hochgestellter Personen zu beschäftigen pflegt, den 20jährigen Herrn so gänzlich mit Stillschweigen übergeht. So viel ist gewiß, daß Franz Joseph das Schwert mit besonderer Vorliebe, ja oft auf Kosten des Scepters, handhaben möchte. Diese Eigenschaft wäre vielleicht an Ferdinand im Jahre 18-48 von Nutzen für die Monarchie gewesen, aber heutzutage, wo die Völker sich so sehr nach Ruhe seh­nen, könnte ein solcher unruhiger Sinn leicht von mißlichen Folgen sein. Günsti­gere Chancen hätte dieser kriegerische Geist in einem preußischen Monarchen für sich; denn obwohl die preußische Politik in der letzten Zeit nicht geeignet war, die Sympa-