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stellte weitere Forderungen im kategorischen Imperativ, mit deren vollständigster Gewährung „nicht einen Augenblick" gezögert werden dürfe, drohte unter Anweisung ans den bereits begonnenen bewaffneten Znzng ans den Nachbarstädten unverhüllt mit dem schon gelänfig gewordenen „Gedanken einer Lostrennnng und dem Gewicht der vollendeten Thatsachen." Binnen 3 Tagen vom 9. März an sollte Antwort in Hanan sein. Eine solche Sprache gegenüber dem rechtmäßigen Fürsten, welche nachher freilich dnrch die Frechheit der Hornisse noch weit überboten worden ist, war bis dahin in den hessischen Annalen unerhört gewesen. Gleichwohl wenn diese Adresse der erste Anfschrei der von dem Hassenpflug-Schef- ferschen Negieruugssystem gewaltsam unterdrückten Volksstimme gewesen wäre, man würde sie nach dem, was Hessen erdnldet, haben entschuldigen müssen. Nachdem aber in Folge der Proklamation vom 7. März der Bnnd der Versöhnung mit dem Fürsteu ebeu erneuert worden, jetzt hätte jenes Schriftstück, zumal in Kassel, die allgemeinste Entrüstung hervorrufen, — jetzt hätten Kassels Bürger sich fest um ihreu Fürsten schaaren und deu Hauauer Schimpf von seiner Krone abwehren müssen, «mochte er früher anch noch so viel gesündigt haben. In der That wurden anfänglich viele mißbilligende Stimmen laut. Henkel wollte nichts von ihneu wissen; der im Kampfe für die Freiheit ergrante B. W. Pfeiffer erklärte es für unmöglich, daß der Fürst sich den in solcher Weise ausgesprochenen Forderungen füge. Uud doch dauerte es nicht lange, so machte in Kassel fast Alles mit den Hananern gemeinschaftliche Sache. Wahrlich, ich sage es mit tiefem Bedauern, aber ich mnß es sagen um der Wahrheit willeu: Kassel's Bürgerschaft hat am 11. März 1848 nicht die ehrenvollste Rolle gespielt. Anch unter all' den Geistlichen, die am 6. März so bereit zur Mitwirkung gewesen, als es galt, den Fürsten zum Nachgeben zu bestimmen, fand sich keiner, der es gewagt hätte, am 11. März die Aufruhr drohenden Unterthanen an ihre Pflicht zu erinnern. Alles, Alles schien gelähmt. Dagegen hatte der damalige Erbgroßherzog, jetzige Großherzog von Darmstadt, in einem eigenhändigen Schreiben den Kurfürsten dringend zum Nachgeben ermahnt; dasselbe hatte der expreß herbeigeeilte Graf von Menburg mündlich gethan. Solchem allgemeinen Andringen konnte der Fürst bei allem persönlichen Muth und ungeachtet seines Eigensinns nicht widerstehen. Er mußte nachgeben; aber mit welchen Gefühlen dies geschehen sein mag, ist leicht zu ermessen. Im Berliner Schlosse, wo damals noch Herr von Cauitz ministrirte, soll man in stolzer Sicherheit über die „Nathlosigkeit" des Kurfürsten gelächelt haben; am 19. März lachte man auch dort uicht mehr. — Genug, der Kurfürst vollbrachte nothgedrnngen einen schweren Act der Selbst- überwiuduug. Der Justizminister, Herr v. Baumbach, welcher iu der Nacht vom 10. auf den 11. März noch halb krank von Ninteln angelangt war, und Morchutt unterzeichneten die Proklamation vom 11. März, welche Alles gewährte. Zugleich wurden Eberhard (zuerst mit dem Titel Regierungsrath, später Staatsrath), Oberberg-