775
Fürst wieder hergestellt. Selbst Henkel war durch das Erlangte völlig befriedigt und forderte in einer begeisterten, als fliegendes Blatt gedruckten Ansprache seine Mitbürger auf, Gott auf den Knieen für die errungenen Freiheiten zu danken, Seidler aber, der Commandeur der Kasseler Bürgergarde, hatte schou am 6. März im Palais unmittelbar nach Ertheiluug der Concessionen feierlich ausgerufen: „Verdorren möge die Hand, die sich nnn noch gegen uusern Fürsten zu erheben wagt!" Alles das, was wir noch brauchten, namentlich volksthüm- liche Minister, welche für uuverkümmcrte uud rasche Ausführung der fürstlichen Verheißungen sorgten, wäre nns als sichere Folge der in raschem Aufschwang begriffenen Zeitbewegnng iu kürzester Frist vou selbst zugefallen. Aber die durch die erbitterudcu Maßregeln der jüngsten Vergangenheit fieberhaft aufgeregten Ha- naner wollten Alles im Sturm eroberu. Das versammelte bewaffnete „Volk" zn Hanan erklärte die von der Deputation aus Kassel mitgebrachten Zugestäuduisse für ungenügend, setzte den 8. März einen Volköausschuß ein, bestehend aus „charaktervollen" Mäuueru aller Classen, welcher am 9. März auf dem Rathhanse das s. g. Ultimatum berieth und durch eiue ueue Deputation nach Kassel absandte. Charakteristisch für diese Hauauer „Erhebung" sind die Männer, welche damals an der Spitze standen uud jeues Acteustück unterzeichneten. Da finden wir neben völlig unbedenteudeu Personen auch den Namen eines polnischen Abenteurers, nachmaligen Anführers der Hauauer Freischärler im badenschen Ausstand; ferner einen ultraliberalen Advocaten, welcher es freilich schon seit 1831 nicht unter seiner Würde hielt, vom Kurfürsten einen ansbeduugeueu Ehreusold (!) vou 600 Thlr. dafür zu beziehen, daß er der tiefgehaßten, von Kassel vertriebenen Gräfin Neichenbach durch seinen Einfluß ans die Hananer Krawaller einen ruhigen Aufeuhalt iu der Nähe der Stadt Hauau verschaffte; feruer eiueu wegen gemeiner Vergehen wiederholt in Untersuchung gezogenen Lottenc-Collecteur, über welchen eine Nummer des Hauauer Proviuzial-Wochenblattes gar unrühmliche Auskunft ertheilt, welcher übrigens späterhin als Vertheidiger im Proceß Auers- wald-Lichnowsky sich sogar in den Angen seiner eignen Partei moralisch völlig vernichtet hat. Freilich lesen wir unter jenem Actenstück auch ehreuwerthe Namen, z. B. die des Obergerichtödirectors Rommel uud des damaligen Oberbürgermeisters Eberhard. Wer die politische Vergangenheit nnd den besonnenen Charakter dieser Männer kennt, der weiß auch, daß sie lediglich unterzeichnet haben, um den Fürsten zu warueu uud dem Vaterlande eine wankende Provinz zu retteu, währeud fast alle übrigeu Unterzeichner offenbar eine terroristische Drohung bezweckten. Die in Hanan wohnenden Staatsdiener hatten eine besondere Adresse entworfen, die in ihrem Namen Mackeldey, früher Vorstand des Justizministeriums, seit Juli 18-ü« Obergerichtödirector zu Hanan, persönlich überbrachte.
Das „Ultimatum" redete zum Fürsten in der Sprache der höchsten Leidenschaft, erklärte ihm rnnd heraus, das Mißtrauen sei gegen seine Person gerichtet,