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zu verfolgen. Ihr Mann wird vergiftet, der junge Arzt erhält auf der Straße ein Paar Dolchstiche, das Alles wird der armen Fran aufgebürdet, die natürlich in Gemeinschaft mit dem Dichter und dem Publicum, welches von ihrer Unschuld genau unterrichtet ist, viel Thränen vergießt. Endlich kommt Alles an den Tag, uud die am meisten gegen sie eingenommenen Personen sehen sich genöthigt, der verfolgten Tugend zu huldigen. Eine Nebenbuhlerin nämlich, die böse Marquise von Beaucourt, welche die vergifteten Champignons uud jeue Dolchstöße bereitet hat, wird von Neue erfaßt uud gesteht Alles. Die Moral ist: man traue keiner Marquise!
Im Oäeon: Die Jugendsünden, Drama in 3 Acten von Emile Souvestre. Ein thräueureiches Stück. Ein alter Admiral, der in seiner Jugend ziemlich ausschweifend gelebt hat, findet sich 18 Jahre später durch die Entdeckung bestraft, daß das eine von den beiden Kindern seiner Frau, die er bisher für die seiuigcn gehalten, einem Andern augehört. Er denkt zuerst an Rache, aber auf die Dauer kann er das Mädchen, in dem er bis dahin seine Tochter geliebt hat, nicht entbehren, er gedenkt seiucr eigeucu Jugeudsüudeu, uud spricht allgcmeiue Amuestie aus. — Der Stoff muß für die Franzosen eine merkwürdige Anziehung haben: Scribe's Estelle behandelt ganz den nämlichen, abgesehen vom Ausgang, in mehrem andern Stücken ist wenigstens die Hauptsache der nämlichen Art. — Das älteste ist La mere ooupsble von Beaumarchais, in welchem sich ergibt, daß unsere Freundin Rosine, die schon in Figaro's Hochzeit auf eine höchst bedenkliche Weise mit dem liebenswürdigen Pagen Cherubin tändelt, später sich in ein allzu genaues Verhältniß einläßt, das mit einem unehelichen Sohn endigt, so daß Graf Almaviva, nachdem ihm früher so viel vergeben worden, sich zuletzt in der Lage sieht, selber zu verzeihen.
Im Iliealro des vai-ivles: Die kranken Trauben, Vaudeville von Michel Delap orte. Vor einigen Wochen hatte sich in Paris die Schreckensbotschaft verbreitet, die Trauben in Argentcuil hätten die Kartoffclkrankheit. Man sandte eine Sanitätscommission in diese Gegend, um die Sache zu untersuchen, aber mittlerweile hatte sich die Krankheit schon gelegt, die Commission fand Alles in der besten Ordnung vor. — Diese Begebenheit hat dem Dichter zn einer Aristophanischen Komödie Veranlassung gegeben, wie sie Heuer in Paris Mode ist. Es treten darin mehrere allegorische Personen auf: die Thorheit, die Vernunft, Bacchus uud eine Bacchantin, genannt Mutter Wollust. Die Thorheit hat den Vorsatz gefaßt, ganz Paris betrunken zu machen, die Vernunft will dagegen, daß Alles verständig sei, und erregt, um ihre Freundin zu ärgern, mit ihrem Zauberstab einen Sturm, der, wie gesagt, die Kartoffelkrankheit uuter den Trauben von Argenteuil verbreitet. Selbst Bacchus bekommt davon einen Rheumatismus, uud tritt in der nächsten Scene mit eiuer wollenen Nachtmütze auf. Die Thorheit siugt einige Couplets, die Vernunft gleichfalls, Bacchus mehr als beide zusammengenommen, und am Ende finden sich die Traubeu geheilt. —
Im kMnaso: Lo Lonliomme Lafontaine, Vaudeville von Pierre Marie. Der gute Mann ist eifersüchtig auf seine Frau, und schlägt sich mit einem schnurrbärtigen Dragoncr-Officier, der ihr die Cour macht. Er siudet sich, zum Theil in Folge seiner Zerstreutheit, in eine Menge von Intriguen verwickelt, in Mitte deren ihm ein zwanzigjähriger Sohn vom Himmel fällt, von dem er nie etwas gehört hat. Aber Alles arrangirt sich auf das Beste, die Ehrlichkeit siegt über die Intrigue, der Sohn erhält ein Ofsicierpatent, und der boickomme versöhnt sich mit seiner Frau. —