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Kleine Correspondenzen.
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zu beliebigem Profosenarrest; die eigentliche Verurteilung jener unglücklichen seit Mai 18-49, vornehmlich als Verschwörer und Hochverräthcr Eingekerkerten läßt aber noch immer und immer vergebens aus sich warteu. Seit sechs Monaten, sagt man, liegen die Urtheile der Bestätigung der militärischen Oberbehörde vor, daß die Bestätigung so lange ausbleibt, berechtigt zu der wohlgegründeten Vermuthung, daß es mit den ver­meintlichen Verbrechern eine ganz besondere Bewandtnis; haben müsse, daß man sie end­lich doch wird freisprechen müssen, daß man sie aber aus dem Grunde nickt freisprechen will, weil damit der ursprüngliche Grund oder Vorwand der Vcrhängung des Aus­nahmezustandes nothwendig wegfallen müßte. Damit nun dieser von allem Anbeginn der Stadt illegal aufgedrungene Zustand fortbestehe, müssen die armen Präger, meist Vürschchen von 16 bis 18 Jahren, im Kerker schmachten.

Daß die Untersuchung längst geschlossen sein müsse, ergibt sich daraus, daß die Arrestanten zu zwauzig, ja zu dreißig in einem Raume zusammensitzen, was wohl vor dem Schluß der Untersuchung nicht denkbar wäre. Leute, die sich früherhin ganz fremd waren, sogar feindlich entgegenstanden, finden sich da zusammen als vermeintliche Mitschuldige ein und desselben großen Komplottes zum Umsturz Oestreichs. Deutsche und Czechen, Landgeistli.l e, Beamte aus böhmischen Landstädten hat man zusammen­gerafft und in den böhmischen Monstrcproceß verwickelt, aus welchem sich nuu der Herr Juquircut selber nicht herauswickeln kann. Der unglückliche Vakuum und der ehemalige Deputirte Dr. Zimmer galten dem Herrn Jnqnirentcn für die wesentlichsten taiseurs bei der ganzen idealen Verschwörung, und doch standen Beide von allem Anbeginn in ganz verschiedenen Lagern. Bakunin der Panslave, und Zimmer der Erbfeiud der Slaven, wo sollen die Berührungspunkte für diese Beiden gewesen sein? Beide werden mit einer Sorgfalt bewacht, als wären sie Hexenmeister. Dr. Zimmer ist von Soldaten stets umgeben, ihm zugesendeter Braten wird vom Profosen vorher in kleine Stücke geschnitten, weil man besorgt, man könnte ein Briefchen in ein Nebhuhn eouvertircn. Jüngst sandte man ihm einige Blumenstöcke in Töpfen zur erfrischenden Erholung. Das Soldatenthum war vorsichtig geuug, die Pflauzeu aus den Töpfen zu reißen, die Erde auszuschütten, um Briefen auf die Spur zu kommen. Dann steckte man die Pflanzen wieder in die Töpfe, doch sie verwelkten und starben, es hatte sie Henkcrshand berührt. Des Gefangenen Verlobte hatte sie gepflanzt und dem Gefaugenen als Grnß geschickt. Wozu Braut und Blumen, wenn man dem finstern Hradschin verfallen ist?

Baknnin, ohnehin zum Tode verurtheilt, wird als ein Cadaver behandelt, der nur' per nelas lebt, daher man mit diesem Unglücklichen wenig Umstände macht. Es geht das häßliche, vielfach verbürgte Gerücht, er sei schon dreimal ganz fürchterlich geprügelt worden, um ihn zu Geständnissen zu zwingen. Und doch hat der Unglückliche nicht viel zu bekennen, setzt der Tortur einen beharrlichen Stoicismus entgegen uud bringt dadurch sciue Jnqnirentcn in Verzweiflung. Hatten sie doch gehofft, durch Bakunin der Ver­schwörung gründlich auf die Spur zu kommen.

Als nach der Ermordung des Friedländers in Böhmen Kriegsgerichte und halsgc- richtliche Commissionen ihr blutiges Handwerk trieben, war ein General Graf Schaaf- gotsch als Friedlands Mitschuldiger zum Tode vcrurtheilt wordeu, hatte jedoch jene Mitschuldigen nicht genannt, welche man von ihm als solche bezeichnet wünschte. ES entstand damals die Frage, ob man den Schaafgotsch, obwohl er bereits verurthcilt und zur Hinrichtung dcsignirt sei, vor derselben noch mit der peinlichen Frage belegen könne,