K87
indem sie um eine Versetzung baten, durch welche sie mehr in die Mitte ihrer Kampfgenossen gekommen sein und an deren Spitze ein größeres Gewicht erlangt haben würden. Allein die Regierung ging nicht daranf ein und beeilte ihre Operation, indem sie den beiden Männern eine Bedenkfrist von nur zwei Monaten gewährte.
Die Frist verstrich. Eiue Commission, bestehend ans einem Polizeipräsidenten oder Kreiscommissär, einem Offizier aus der Kanzlei des Gnbernators, einem orthodoxen und einem übergetretenen Popen, erschien. Allein jene Beiden beharrten bei ihrem Widerstreben. Die Commission gewährte im Namen des GnberniumS eine nochmalige Bedenkfrist, verband damit aber so ernstliche Drohungen, daß beide Geistliche über die Folgen ihres Beharrens durchaus nicht in Ungewißheit sein konnten.
Am Tage nach Ablauf der zweiteu Bedenkzeit bereitete sich O. mehrere Stnnden in der Kirche dnrch Gebet auf einen Schritt vor, der Jedem in der Gemeinde, auch selbst den Personen seiner Familie, bis znr Ausführung ein Geheimniß war. Vom Altar begab er sich in sein Haus uud zwar in sein Studierzimmer und schichtete bei verschlossener Thüre ans seiner Bibliothek, besonders aber aus seinen religiösen Schriften, eine Art Scheiterhaufen ans einem Strohsacke auf. Daranf ging er zu seiner Familie und benahm sich seiner Stimmung zufolge so, daß sich deu Persouen bange Ahnungen aufdrängten. Zurückgekehrt in seine Stube, öffnete er die obern Feuster und lanschte dem Tone der Klingel, dnrch welche die russischen Extraposten sich schon von fern ankündigen. Gegen Mittag wurde sie hörbar, da züudete der Pope den Scheiterhaufen an, warf sich daraus, uud als die Commission anlangte, fand sie nnr eine halb verbrannte Leiche. Die Commission setzte ohne weiteres den einen der bei ihr befindlichen Popen in das Amt des trotzigen Märtyrers. Nachdem sie noch einige mündliche Befehle dem Vorsteher der Gemeinde ertheilt, setzte sie ihre Neise zn dem Andern fort und erreichte ihr Ziel am andern Morgen, eines Sonnabends gegen sieben Uhr. Sie fanden ihn in der Kirche. Er hatte die Thüre hinter sich geschlossen, allein sein Knecht verrieth ihn, und da nun ans den Hollahruf und das Anklopfen die Oess- nnng der Kirche uicht erfolgte, so zögerte der Polizeipräsident nicht, die Thüre des Gotteshauses durch die Geusdarmeu, welche die Commission begleiteten, aus deu Augelu heben zu lassen.
Man fand den Popen vor dem Altar im Gebet und mußte sich gedulden, bis er sein geistliches Werk vollendet hatte. Seltsamer Weise berührte die Commission zunächst den Zweck ihres Hierseins gar nicht, benahm sich vielmehr wie ciil Freuud, der beim Frennde zum Besuch kommt, und bat den Popen, in sein Wohnhaus zurückzugehen Die Commission begleitete ihn in seine Wohnung uud machte sich dariu mit der naiven russischen Dreistigkeit heimisch, während die Gensdarmen wie zufällig^zwei Posteu, eiuen vor und einen hinter dem Pfarrhanse besetzten.