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Kleine Correspondenzen.
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Kleine Correspondenzen.

A us P e st h.

Den 5. October 1850.

Vor dem März 18-48 gab es außer den exaltirten Natio>ialen nur Wenige, die nicht die Aufhebung der Zwiseheuzollschraicken gewünscht hätten; denn der unsinnige Zoll­tarif machte, daß Ungarn in seinem Fett erstickt und von östreichischen Fabrikaten über­schwemmt wnrde; doch diese Aufhebung mußte eine vollständige, auf Übereinkunft der beiden Regierungen also der beiden Nationen begründete sein, wenn sie wirklich ihrem Doppelzwecke: Förderung der ungarischen Industrie und Bewerkstelligung eines engern Verbandes zwischen Ungarn und dem Kaiserstaate, entsprechen sollte. Das Tabakinonopol konnte dann kein Hinderniß sein, da eine ungarische Regierung gerne einen großen Theil jener 8,000,000 Gulden, welche Oestreich durch Aufhebung desselben verlöre, übernommen hätte, in der Berechnung, daß dadurch den reichen Produkten des Landes, und besonders dem Tabak ein neuer großer Markt eröffnet wird; aber auch Oestreich hätte leicht den andern Theil eines Staatseiukommens verschmerzen können,, das zwar 8 Millionen in die Casse liefert, aber beinahe das Doppelte aus dem Beutel des Volkes nimmt. Doch heute sind es nicht die Völker, die sich durch ihre Negierungen einen; es sind octropirte Minister, die uns ihre Verordnungen octroyiren, und die, da sie ohne Völker regieren und einen schlechten Haushalt übernommen haben, unmöglich jenen Schlüssel finden können, der einzig und allein die Thore zu Ungarns Herzen öffnet. Die Negierung kann unter den jetzigen Umständen, wo die alten Stenern in allen Pro­vinzen der Monarchie vervierfacht/und Ungarn und seine Nebenläuder mit nie gekannten Plagen in Form von Stempel nnd Vcrzehrungssteuer heimgesucht werden, ohne das große Finanzdeficit auszugleichen, unmöglich das Tabakinonopol aufgeben; die nene Zollmaß­regel ist also wie alles Uebrige nur eine Halbheit; die Schranken bleiben ebenso hem­mend für den Verkehr und so störend für den engern Verband der Gesammtmonarchie, wenn sie blos gegen Tabak und Cigarren dastehen, als wenn sie eine Scheidewand zwischen Leinwand und Wolle, zwischen Leder und Knoppern bilden sollen, und die Ausdehnung des Tabakmonopols auf Ungarn, die einzig und allein die Zolleinigung zur Wahrheit machen kann, muß Hunderttansende, die sich bei uns mit Tabak- und Cigarenfabrikation und Handel beschäftigen, brodlos machen nnd die Tabakpflanzung selbst zn Grnnde richten.

Was die Zolleinigung für die oetroyiite Eiubeit der Monarchie, das ist die Kron- ländermanie für die octroyirte Gleichberechtigung. Als wir mit der Charte vom ^. März beglückt wurden, die von derGleichberechtigung der Nationalitäten" wie von einem rothen Faden dnrchwcbt ist, wollten nns die gonvernementalen Blatter glauben machen, die Regierung meine es ehrlich nud werde auch die Mittel und Wege finden, dieses große Princip zu verwirklichen: Im Publicum waren die Meinungen getheilt; die Einen wollten an die Ehrlichkeit der Regierung, die Andern au die Ausführbarkeit des Princips nicht glauben: hcnte sehen wir bereits, daß die Gleichberechtigung in jener marktschreie­rischen Weise, wie sie den Slaven und Walachei! verkündet wnrde, wirklich eine Unmög­lichkeit sei, nnd daß keine Regierung ans der Erde so dumm-ehrlich sein kann, um in einem streng ceuträlisirtcn Staat an eine nur theilweise Gleichberechtigung zn glauben. Auch ist bereits an alle Dicasterien von Ungarn und Siebenbürgen der Befehl ergangen, daß alle Negiernngsgeschäfte in deutscher Sprache abgemacht werden, und alle Beamten der deutschen Sprache knndig sein müssen; unterNcgierungsgcschäfte" versteht man nach der neuen politischen Organisation den amtlichen Bericht des letzten Adjunctei^über eine abgehaltene Do^fgemcindesitznng, und unterBeamten" jeden ernannten Gerichtsdiencr.

Um aber zn dieser negativen Gleichberechtigung auch etwas Positives zu geben, wurden die Länder früher in Krouländcr nnd werden jetzt diese in Bezirksländer (Sie