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Deutsche Staatsmänner. 5. : Ludolf Camphausen.
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Tones eine prekäre war. Jedenfalls war sie leichter zu ordnen, als die von vornherein falsche nnd scheinbar feindliche der Partei Gagern gegen die Personen dieses Ministeriums.

So erfolgte denn die Entscheidung in der Hitze. Das an bestimmte Be­dingungen geknüpfte Auerbieten der Kaiserkrone zwang Preußen, das weder den Muth noch die Neigung hatte, trotz allen Ehrgeizes, einen halbrevolntiouären Schritt zu thun, mit dem Parlament zn brechen. Damals, aber zn spät, be­mühte sich Eamphausen ernstlich, zu vermitteln: die Fäden entfielen seiner Hand. Er wurde wieder verstimmt und überliest den Schauplatz einem Andern.

Wir stndeu ihn wieder in den revidirten Kammern, nachdem die reactionäre Par­tei sich offen des Staats bemächtigt hatte. Die Idee der Märzverfassung war aufge­geben, auch über die Durchführung desengern Bundes" stiegen erhebliche Zweifel auf. Unter diesen Umständen hielt Cttmphausen jene bekannte Nede, in der er daranf antrng, die in der preußischen Verfassnng enthaltene Bestimmung, daß die Krone zu Guusteu der Neichöverfassnng zu vorläufigen Abänderungen bevollmäch­tigt sein sollte, auf den Entwnrf vom 26. Mai zn übertragen. Die Rede war so specifisch preußisch, daß sie seine Gegner zuerst iu Erstauueu setzte, später nur zu oft von ihnen als Waffe gegen ihn benutzt ist. Er suchte nämlich nachzuweisen, daß Preußen allein für die deutsche Einheit etwas gethan habe, daß Preußeu allein durch diese Einheit verliere, da es für sich ganz gut bestehen ^önne, daß es aber jetzt noch einmal seine rettende Hand bieten sollte, nm, wenn sie auch diesmal verschmäht würde,, sich in stolzem Selbstgefühl von Deutschland zurückzuziehen uud sich lediglich auf seiue eigeue Kraft zu stützen. Augen­scheinlich war die Nede nach zwei Seiteu hiu berechnet. Einmal sollten die klein­deutschen Verbündeten von dem Wahn zurückgebracht werden, als ob sie Prenßen durch ihreu Auschluß eiue große Wohlthat erzeigteu, und dafür nichts wieder empfingen. Sodann sollte dein preußischen Selbstgefühl, in dem bei aller Süffi­sance doch viel Hochherzigkeit nnd Aufopferungsfähigkeit liegt, geschmeichelt wer­den, es sollte sich dnrch die Idee eines Opfers zn einem energischen Schritt auf­gefordert fühleu. Das ist alles sehr comvlicirt, uud entbehrt jener Eigen­schaft, die einer solchen Ueberrednng allein Kraft verleiht: der innern, vollen Wahrheit. Denn die Hauptsache bei der Union bleibt doch die erweiterte Macht Preußeus, darüber waren die übrigen Fürsten gar nicht zn täuschen, und die an­geblich schwarzweiße, eigeutlich aber schwarzgelbe Partei iu Preußen tonnte nnn jene Vorstellung, an die sie selber nicht glaubte, daß Preußen durch die Union nur verlieren könne, auf die Autorität ihres Gegners stützen. Ans der andern Seite war es wieder ein übertriebener preußischer Hochmnth, wenn von der Mög­lichkeit einer isolirtcn Stellung Prenßeus gesprochen wnrde, denn Preußen hat uur die Wahl, Deutschland zu eroberu, oder in Deutschland, d. h. in Oestreich aufzugehen. Daß der König von Preußen als Neichsfürst dann noch eine ganz

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