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ohne wissenschaftlichen Zweck nnd ohne künstlerische Form. Die schöne Seele fühlte sich schon dnrch ihr Dasein berechtigt. Jene Zeit, in der Schleiermacher seine Monologen, seine Reden über Religion, seine Weihnachtöfrenden schrieb, Jacobi seine verschiedenen Betrachtungen, Wackenroder seine Herzensergießnngcn, Jean Panl die Extrablätter, Goethe die Beteuntnisse einer schöllen Seele, Novalis und die Schlegel ihre Aphoriömeu, Fichte die Auweisuug znm seligen Leben u. s. w., die schreibenden Damen nicht zu rechnen. DaS eben emancipirte Gefühl glaubte uicht breit geuug ausströmen zu touuen.
Diese Zeit scheint wiedergekoinmen zn sein. Anfs Neue werden wir von einem Strom der Empfiuduug heimgesucht, der zu breit uud zu uuruhig fließt, um sich iu daö enge Bette der Kunst oder der Wissenschaft eindämmen zn lassen. Auf diese Weise kommt die Religion zn einer nenen Stellung. Sie wird wieder dem grübelnden Denken entzogen uud iu'ö Herz gelegt.
Die augeführteu Schrifteu steheu alle iu eiuem uähern oder entferntern Verhältniß zn dieser nenen Stellung der Religion. Sie sind alle im Interesse einer aufgeklärten Religiosität geschriebeu, welche die Mystik uud Ekstase eiuer trüben Schwärmerei ebeuso zu vermeiden strebt, als die Nüchternheit eitles einseitig lichtfreundlichen Denkens. Der Zweck der Erbauung — weuu auch uicht iu dem gewöhulicheu theologischen Sinn, drängt entschieden die sonstigen wissenschaftlichen uud künstlerischen Bestrebungen in den Hintergrund. —
Nur uneigentlich gehört das Bnch von F. Nork in diese Reihe. Wir können in dem Augenblick nur eine vorläufige Anzeige gebeu, da uuö bis jetzt die uuab- sehbare Masse voll ebräischeu, iudischeu zc. Citateu zu sehr verwirrt, die Allgemeinheit des Resultats — die Auflösuug aller möglichen Sagen uud Geschichteu in astronomische Symbole — zu sehr überrascht, um auch uur vom Staudpuukt eiues Laieu eiue eiuigermaßeu lillbefaugene Allsicht zn gewinnen. — Wir müssen daher für jetzt nnsere Kritik ganz allgemein halten. — In jeder Religion findet sich neben dem ethischen, menschlichen, oder specifisch geistigeil Moment (des Ausdrucks der Volksiudioidualltätcu iu deu Eigeuschafteu ihrer Götter uud deu Ge- schichteu, die sie vou ihueu erzähleu) auch ein uaturalistischeö: eine Beziehung ans wiederkehrende Ereiguisse der Natur, uameutlich des Hiiunlels, lllld deren Gesetz in Festen, hieroglyphischen Bildern u. dgl. Beide Momeilte gehen im Cultus, den Dogmen und der Mythologie zuweilen neben einander, so daß die Kritik sie dentlich von eiuauder uuterscheideu kmm; zuweilen, vernlischell sie sich in unklaren Vor- stellnngen, indem entweder in eine Mythe voll ursprünglich ethischem Gehalt eine astronomische Vorstellung eingeschwärzt wird oder umgekehrt: das Letztere häufiger; deun die auf die Naturerscheinungen sich beziehenden Hieroglyphen bleiben ein Geheimniß der Wisseudeu, währeud das Volk uud seine Dichter, denen diese Beziehung fremd ist, sie sich meuschlich znrecht zu legen suchen. Es ist ferner leicht begreiflich, daß gerade dieses Moment, weil es all fertige Formeln gebnnden und ohne Tra-