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Der Tscherkessenproceß in Bromberg.
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die Waffen niederlegen, selbst wenn sie nicht ausgeliefert wurden, sondern wenn ihr Wunsch, beim König von Preußen Dienst zu nehmen, nach Berlin berichtet worden wäre. Weuu er also uoch vor der Caserne daraus geachtet hat, daß Alles aufgeboten wnrde, die Fremdlinge zu gutwilliger Unterwerfung zu bringen und dies scheiut der Fall gewesen zu seiu so ist er für deu folgeudeu Kampf durch­aus nicht verantwortlich. Auch war er uicht verpflichtet, die Kämpfenden auf die Chaussee zu begleiten, und wenn das Anzünden des Vorwerks sofort nach dem Rückzüge der Tschert'essen dorthin, ohne daß er deshalb zu Nath gezogen worden, stattgefunden hat, was aus dem gedruckten Bericht der Verhandlung uicht zu entscheiden ist, ist er anch dabei in'keiner Weise eines unzweckmäßigen Benehmens zu beschuldigen.

Dagegen hat der preußische Dragouerrittmeister abenteuerliche Versehen be­gangen, zunächst dadurch, daß er vor der Caserne beim Feuern den Befehl gab, ordentlich auf die Tscherkesseu zu halteu." Es wäre zweckmäßiger uud mensch­licher gewesen, ans die Pferde halten zn lassen, selbst wenn sämmtliche Flücht­linge mit Handpferden versehen waren. Daß er aber ferner das Eigenthum eines preußischem Bürgers iu Braud steckeu läßt, um 5 Flüchtlinge zn todten oder auöznränchern, das ist eine unbehülfliche Gewaltthätigkeit, welche das Gefühl empört. Und trotz alledem vermag er mit seiner Schwadron das stehen geblie­bene Hans nicht einzunehmen; eine' Compagnie Jufauterie muß erscheinen nnd am auderu Morgen dnrch Erstürmung des letzten Gebändes wobei auch dies uoch in Brand gerieth der Belagerung ein Ende machen! Wollte er als Cavallerieofficier die Angelegenheit im Flüge und rücksichtslos beenden, so hätte er wenigstens das brennende Vorwerk sofort stürmen müssen; dabei hätte man schonungslose Energie und tolle Bravonr achten können, auch weun man die Gewaltthätigkeit verdammte. Daß die preußische Regierung übrigens den im Allgemeinen richtigen Grundsatz zur Geltuug bringt, daß der Beamte, welcher bei polizeilicher Thätigkeit seiue Befuguisse überschreitet, für deu dadurch eutste- henden Schaden dein Beschädigten aufkommen muß, möge man sich der Polizei gegenüber für audere Fälle merken.

Wochenschau.

Die politische Lage. So lange die Thüren der Konferenzsäle zn Dresden von den Händen deutscher Staatsmänner vorsichtig zugedrückt werden, ist für unser Wochenblatt wenig über deutsche Politik zu berichten, da wir unsere Leser nicht mit Gerüchten und unsicheren Privatmittheilungen ermüden dürfen. Wir wissen nur, daß es schlecht steht mit der Gegenwart Deutschlands, und sürchten noch Schlechteres. Diese traurige Ueberzeugung zu wiederholen war bis jetzt keine Veranlassung.

Die letzte Woche hat. aber zwei politische Ereignisse bekannt gemacht, welche zwar noch nicht in ihren Einzelnheiten zn durchschauen sind, aber bereits auf die öffentliche Stimmung gewirkt haben. Das erste war ciue ueue Uneinigkeit zwischen Prenßcn und Oestreich, oder richtiger zwischen den Beschützern des Herrn v. Mantcuffel und dem Fürsten Schwarzenbcrg. Die ministeriellen Blätter Preußens sprudelten auf, die Reform "hob ihr launenhaftes Geschrei, und die Krenzzeitung drehte entrüstet ihren militärischen Schnurrbart. Das »»verhüllte Bestrebe» Oestreichs, auch in der Bundesverfassung seine Oberherrschaft über Deutschland durchzusetzen, sing an selbst der aristokratischen Partei Grenzbotcn. I. 1831. 45